Ausstellungen Österreich

Architekturzentrum Wien zeigt Arbeiten von Tatiana Bilbao

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Für Angelika Fitz, die Direktorin des Architekturzentrum Wien (Az W), ist sie eine "wichtige Vertreterin einer neuen Haltung der Koexistenz", bei der Rücksicht auf alle und alles genommen wird. Deswegen zeigt das Az W erstmals in Österreich Werk, Arbeitsweise und Philosophie der 1972 geborenen mexikanischen Architektin Tatiana Bilbao und ihres 2004 in Mexiko City gegründeten Büros. Auch das Display der bis 17. Jänner laufenden Schau ist ungewöhnlich.

"Für uns zählen Geschichten mehr als Zahlen", versicherte die Architektin heute bei einem Pressegespräch. "Wir versuchen bei allen Projekten die Umstände aus verschiedensten Perspektiven zu analysieren. Jedes Projekt hat eine völlig unterschiedliche Herangehensweise. Für uns stehen die Menschen im Zentrum, deswegen ist es das Wichtigste, mit den Leuten, den künftigen Bewohnern in Kontakt zu kommen. Wir machen viele Gespräche und versuchen Dialoge in Gang zu bringen." Und wie lassen sich diese Gespräche und Geschichten dann in Architektur verwandeln? "Das ist tatsächlich nicht immer einfach", lachte Bilbao. "Es passiert uns tatsächlich mitunter, dass wir dann dastehen und sagen: Und?"

Deswegen war es ihr wichtig, in der Ausstellung vor allem den jeweiligen Kontext rüberzubringen, aus dem ein Projekt entstanden ist. 23 Projekte sind es, die im Az W präsentiert werden, vom Pilgerweg über einen Botanischen Garten und einen Uni-Campus bis zu kostengünstigem Wohnen. Bilbaos Studio hat den Prototypen eines Hauses für 8.000 Dollar entwickelt. "Es ist ganz klar, dass Architektur große Macht hat, Leben zu beeinflussen - in guter und in schlechter Weise. Ich habe meine ganze Karriere daran gearbeitet, wie wir diese Macht für jene nutzen können, die keine ökonomische Macht besitzen bzw. von dieser unterdrückt werden", sagte Bilbao, für die schon als Kind Architektin der Traumberuf war, wie sie erzählte.

"Bei uns in Mexiko klopft niemand bei den Architekten an, um ihnen Aufträge für sozialen Wohnbau zu geben. Wir müssen selbst aktiv werden und nicht nur uns beschweren. Wir haben oft beweisen, dass es möglich ist, etwas zu verändern, aber wir müssten auch die Definitionen von Wohnbau ändern. Unser ganzes System ist falsch aufgesetzt. Es müssten wirkliche strukturelle Veränderungen passieren, um das bei uns verfassungsmäßig festgeschriebene Recht auf einen menschenwürdigen Platz zum Leben auch zu verwirklichen."

In zwei großen, zentralen Displays ist eine handgezeichnete Fantasielandschaft aufgebaut, die mit feinem Zeichenstift eine vielfältige Topografie zeigt, in die Modelle von Bilbaos Bauten eingebettet sind. "Landschaft ist ein wichtiger Topos für sie", sagte Fitz. "Es gibt die ökonomische und die soziale Landschaft, die Krisenlandschaft, aber auch kulturelle und politische Landschaften." Um diese Landschaften sind "Arbeitskabinette" aufgestellt, in denen Materialien, Objekte, Modelle, Fotos die verschiedensten Projekte anschaulich und begreifbar machen. "Da kann man sich richtig reinversenken und durchwühlen", freute sich die AzW-Chefin.

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In den Regalen und Schubladen findet man kaum Pläne und gar keine Renderings. Die Lektorin an Renommier-Unis wie Yale, Harvard und Columbia, die in Mexiko auch im Beirat für Stadtentwicklung tätig war, versucht stets so niederschwellig wie möglich ihre Projekte zu vermitteln und setzt lieber auf Collagen als auf computergenerierte Visualisierungen oder für Laien weitgehend unleserliche Pläne. Stattdessen werden die Installationen auch in den Außenraum weitergeführt. Bilbao setzt eine sichtbare Modelllandschaft gegen die kühle Architektur-Utopie von Kolleginnen und Kollegen. Ein Bilbao-Effekt der anderen Art, könnte man sagen.

(S E R V I C E - "Tatiana Bilbao Estudio", Ausstellung im Architekturzentrum Wien, Eröffnung heute, Mittwoch, 19 Uhr. 19.8.2021-17.1.2022, Diese Ausstellung wurde in Zusammenarbeit mit dem Louisiana Museum of Modern Art, Humlebæk, Dänemark realisiert. www.azw.at)