Jüdisches Museum Hohenems zeigt Ausstellung in Wien
Die 2019 im Jüdischen Museum Hohenems entwickelte und derzeit in Berlin gastierende Ausstellung "Ende der Zeitzeugenschaft?" wird ab 26. Jänner 2023 im Haus der Geschichte Österreich gezeigt. Das gaben Museumsdirektor Hanno Loewy und hdgö-Chefin Monika Sommer am Dienstag in Wien bekannt. "Ich finde, wir sind der richtige Standort für diese Ausstellung", sagte Sommer.
Österreichischen Museumspreis abgeräumt
Am 13. Oktober erhält das Jüdische Museum Hohenems beim Museumstag in Klagenfurt den Österreichischen Museumspreis 2022. "Wir sind das erste Museum, das den Preis zum zweiten Mal bekommen hat. Das ist das Sahnehäubchen", freute sich Loewy. Sommer gratulierte dem 1991 eröffneten Museum, nannte es einen "wichtigen Impulsgeber und Störfaktor": "Es ist in 30 Jahren nicht müde geworden, gesellschaftlich relevante Themen aufzugreifen."
Das Ausstellungsgastspiel werde eine Brücke nicht nur zwischen Hohenems und Wien, sondern auch zwischen den Generationen schlagen, sagte Sommer. Wie in anderen Etappen (nach Wien soll "Ende der Zeitzeugenschaft?" u.a. nach Frankfurt gehen) wird die Schau, die mit umfangreichem Video- und Audiomaterial die "Gemachtheit" von Erinnerung thematisiert, auch in der Bundeshauptstadt mit eigenen Zeitzeugeninterviews ergänzt. Loewy: "Sie ist permanent in Veränderung und hat immer einen Ortsbezug zu den jeweiligen Sammlungen."
Bis 19. März 2023 zeigt man in Hohenems die Ausstellung "Ausgestopfte Juden?", die sich mit Geschichte, Gegenwart und Zukunft Jüdischer Museen beschäftigt. Stolz ist Loewy auch auf den Radhörweg "Über die Grenze", der Anfang Juli eröffnet wurde, vom Bodensee zur Silvretta führt und dessen 52 Fluchtgeschichten nicht nur an den Hörstationen, sondern auch im Internet abrufbar sind: "Wir haben nicht erst seit Corona gelernt, dass ein Museum auch vor die Tür gehen muss."
Das Jüdische Museum Hohenems befindet sich in der Villa Heimann-Rosenthal im Zentrum des ehemaligen jüdischen Viertels des Ortes. Mit dem Literaturhaus Vorarlberg, das 2024 in Hohenems eröffnet werden soll, arbeite man bereits jetzt zusammen, so Loewy. Das Viertel habe sich nicht zuletzt dank des Jüdischen Museums enorm entwickelt. Die Lebensqualität sei deutlich gestiegen, samt den dazugehörigen sozialen Fragen wie Gentrifizierung, Boboisierung und Musealisierung.
Auf die Antisemitismus-Debatte rund um die documenta in Kassel angesprochen, sagte Loewy: "Die Diskussion ist dort völlig entglitten." Die Situation sei überaus komplex. Klar sei aber, dass sich jene es viel zu einfach machten, die nun mit dem Zeigefinger auf antisemitische Ikonografien mancher eingeladener Künstler zeigten. "Es war nicht nur der postkoloniale Indonesier, der den Antisemitismus hineingetragen hat, sondern auch der kulturbeflissene documenta-Gast."