Ausstellung im Wiener Rathaus zeigt das Leben der Lotte Tobisch
Lotte Tobisch-Labotýn (1926-2019) zählte über Jahrzehnte hinweg zu den bestimmenden Persönlichkeiten des Wiener Gesellschafts- und Kulturlebens. 16 Jahre prägte sie ab 1981 als Organisatorin den Opernball. Mit der Ausstellung "Wiener Salondame? Ein Albtraum!", die am Dienstagabend eröffnet wird, präsentiert die Wienbibliothek im Rathaus bis 31. März anhand von knapp 300 Exponaten sowie Audio- und Filmaufnahmen ein facettenreiches, eindrucksvolles Porträt.
"Die Ausstellung versucht die Vielfältigkeit von Lotte Tobisch' Leben, aber auch ihr Wirken abzubilden", betonten die Kuratorinnen Kyra Waldner und Tanja Gausterer beim Lokalaugenschein der APA. Es sei das Anliegen gewesen, diese Vielfältigkeit vor allem anhand von Nachlassdokumenten, aber auch Leihgaben aus Privatbesitz zu zeigen und "entlang der Materialien die Geschichte zu erzählen."
Das Private und Öffentliche vereinen
Die Schau ist in sieben Kapitel, räumlich in sieben stilisierte Wohnräume gegliedert. Die Idee dahinter: "Lotte Tobisch stand viel in der Öffentlichkeit, hatte aber auch eine sehr private Seite", erklärte Waldner. Im "Vorzimmer" etwa wird Besuchern der familiäre Hintergrund und die Kindheit von Lotte Tobisch anhand von Fotos, Briefen, Babytagebucheinträgen der Mutter etc. erläutert. Ein anderer Abschnitt ist der Beziehung von Tobisch mit dem 37 Jahre älteren Erhard Buschbeck gewidmet. Tagebucheintragungen dokumentieren zwölf glückliche gemeinsame Jahre.
Nachgegangen wird Tobisch' Weg über die Schauspielkarriere, ihre Patronanz des Opernballs bis zu ihrem karitativen Engagement. Zahlreiche Zeugnisse beleuchten ihr privates und berufliches Netzwerk, darunter ihren intensiven Austausch mit dem deutschen Philosophen Theodor W. Adorno oder ihre Kontakte zu namhaften Zeitgenossen wie Ludwig von Ficker, Bruno Kreisky (eine "Hundefreundschaft") oder Christine Lavant. Man erfährt auch weniger Bekanntes, etwa dass Tobisch "viel genäht und gebastelt hat" (Waldner), sie als Rezensentin und "im Kleinen" als Schriftstellerin tätig war und für Maggi-Werbungen vor der Kamera stand.
Tobisch lässt "sich nicht in eine Schublade stecken"
Tobisch war Nachfahrin einer österreichischen k.u.k Patrizierfamilie, deren Wurzeln sich bis in das Jahr 1229 zurückverfolgen lassen. Ihre Ausbildung erhielt sie im Internat Schloss Marquartstein in Oberbayern und im Wiener Sacre Coeur. Ihre Leidenschaft zur Schauspielkunst führte sie nach Wien ins Konservatorium Horak. Noch bevor sie ihre Ausbildung abgeschlossen hatte, schaffte Tobisch den Sprung auf die Bretter des Burgtheaters. Wenngleich der ganz große Durchbruch ausblieb, wirkte sie jahrzehntelang am Theater, in Film und Fernsehen. Dankesschreiben, Filmplakate und Standfotos verdeutlichen diesen Teil ihres Lebens.
In den letzten "Zimmern" lernt man ihren zweiten Lebensmenschen Michael Simon kennen. Und natürlich stößt man auf zahlreiche Exponate in Sachen Opernball, etwa Modeskizzen von Fred Adlmüller oder den Abschiedsblumenstrauß, den Tobisch an Ende ihrer Tätigkeit erhielt.
Der Nachlass zeige, dass sich Tobisch "nicht in eine Schublade stecken lässt", wie Wienbibliothek-Direktorin Anita Eichinger betont. "Sie war im künstlerisch-intellektuellen Milieu genauso zuhause wie auf der Bühne des Opernballs. Lotte Tobisch scheute auch nicht davor zurück, offen ihre Meinung kund zu tun." Tobisch habe ihre verschiedenen Rollen sehr bewusst gewählt. Auch das vermittelt die Schau sehr gut.