Wohnung von Wiener Architektin ist nun ein Ausstellungsraum
Die letzte Wohnung von Margarete Schütte-Lihotzky (1897-2000) in Wien-Margareten ist künftig öffentlich zugänglich. Die Architektur-Pionierin hat die Einrichtung der rund 55 Quadratmeter große Wohnung mit Dachgarten, in die sie 1970 zog, selbst entworfen. Nach rund einjähriger Sanierung und Rekonstruktion wird sie durch den Margarete Schütte-Lihotzky Club (MSL Club), einem öffentlich geförderten Verein, als Ausstellungsraum und Forschungszentrum betrieben.
Fortschrittliche Wohnkonzepte
Das Wohnhaus, in dessen Obergeschoß das neue Margarete Schütte-Lihotzky Zentrum zu finden ist, kann kaum verfehlt werden: Das von Brigitte Prinzgau und Wolfgang Podgorschek gebildete Künstler:innenteam PRINZpod gestaltete in einem von KÖR - Kunst im öffentlichen Raum Wien geförderten Projekt die vorspringende Feuermauer des Nachbarhauses mit einem großformatigen Wandbild, das den Ausschnitt eines Porträts Schütte-Lihotzkys in jungen Jahren zeigt. Am unteren Bildrand ist ein Zitat der Architektin eingearbeitet, deren Engagement für fortschrittliche Wohnkonzepte und Entwicklung des Konzepts der "Frankfurter Küche", einer Vorform der Einbauküche, Architekturgeschichte schrieb: "Räume wirken, bewusst oder unbewusst, ständig auf das Lebensgefühl der Menschen ein."
Zeitreise in die 70's
In der Wohnung selbst kann man eine Zeitreise in die 1970er-Jahre unternehmen. Pläne, Konstruktionszeichnungen und teilweise auch Abrechnungen für die 1967-69 von Schütte-Lihotzky selbst konzipierte Einrichtung der 55 Quadratmeter großen Wohnung hätten sich erhalten, schildert Architektin Christine Zwingl im Gespräch mit der APA: "Man kann alles nachvollziehen." Dies sei insbesondere deshalb wichtig, da die Kunsthistorikerin Ulrike Jeni, die laut testamentarischer Verfügung Schütte-Lihotzkys nach ihrem Tod zwei Jahrzehnte lang die Wohnung bewohnen durfte, einige Umbauten vorgenommen hat. Nach dem überraschenden Tod Jenis 2020 haben sich ehemalige Mitarbeiterinnen Schütte-Lihotzkys wie Zwingl und Renate Allmayer-Beck dafür engagiert, dass die Wohnung rekonstruiert und unter Denkmalschutz gestellt wird, wofür im April 2021 tatsächlich ein Bescheid erwirkt werden konnte. Die Wohnung konnte vom Verein beim neuen Hauseigentümer, Michael Tojners Wertinvest, angemietet werden und wird künftig an zwei Tagen in der Woche zugänglich sein. Neben den originalen Möbeln gibt es auch Videos mit Gesprächen mit und Unterlagen zu Margarete Schütte-Lihotzky sowie zwei Arbeitsplätze. Der Ort soll künftig auch ein Zentrum für die Forschung zur Geschichte österreichischer Architektinnen werden. Auch Veranstaltungen und Gespräche sind geplant.
Ein kleiner Einblick:
Gemütlich und modern zugleich
Besonders stolz ist Zwingl auf den Nachbau von Einbaumöbeln im Arbeitszimmer und die Restaurierung eines kirgisischen Wandteppichs an der Universität für angewandte Kunst, der nun wieder an "seinem Platz" ist, nämlich in einer gemütlichen Nische, vor der die Architektin einst ihren Arbeitsplatz hatte - ein Foto mit ihr samt dem Originalambiente zeugt davon. Im Wohnzimmer kündet ein anderes Foto von einer der zwei noch ausstehenden Rekonstruktionsetappen: Eine Holzverkleidung muss erst in den Originalzustand samt offenem Kamin zurückgebaut werden. Und während man für die Rekonstruktion der Metallsteher auf der Terrasse einen Schlosser auftreiben konnte, der die Arbeiten auch bereits durchgeführt hat, harrt ausgerechnet die Küche noch ihres Rückbaus. Was Schütte-Lihotzky nämlich dort auf engstem Raum einbauen ließ, "könnte man als Weiterentwicklung ihrer 'Frankfurter Küche' für die Bedingungen ihrer eigenen Alterswohnung" ansehen, meint Zwingl.
Ab Oktober ist das neue Zentrum jeden Dienstag von 10 bis 14 Uhr und jeden Freitag von 14 bis 18 Uhr offen. Eine Besuchsmöglichkeit besteht bereits am kommenden Sonntag (25. September) im Rahmen des vom Bundesdenkmalamt organisierten Tag des Denkmals.