Foto Wien 2023: Die Lügen der Fotografie
Zum zehnten Mal startet heute das Foto Wien Festival, das sich mit rund 300 Veranstaltungen und 110 Standorten bis zum 30. Juni über ganz Wien erstreckt. Als Festivalzentrale dient das Museumsquartier, wo Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ) und Felix Hoffmann, künstlerischer Leiter, das Programm im Detail präsentierten - inklusive Videobotschaft von Bundespräsident Alexander Van der Bellen. Motto des Festivals: "Photography Lies".
Zwischen Bild und Wirklichkeit unterscheiden
Thematisch steht die Jubiläumsausgabe des Festivals mit dem Leitmotiv "Photography Lies" ("Die Lügen der Fotografie") ganz im Zeichen aktueller Debatten rund um Wahrheitsgehalt von Fotos, Authentizität und Deutungsmacht von Bildern. Die Brisanz der Thematik hob Van der Bellen in einer Videobotschaft hervor. Vor dem Hintergrund von Deepfakes und KI-Programmen müssten wir "ganz neu lernen zwischen Bild und Wirklichkeit zu unterscheiden", so der Bundespräsident. Auch Hoffmann betonte, Fotos hätten zwar den Schein von Realität, aber seien historisch immer wieder in bestimmte Lesarten gerückt worden.
Verantwortlich zeigt sich für die Jubiläumsauflage erstmals das neue Foto Arsenal, das Anfang 2025 seine Pforten im Arsenal-Gelände öffnen will, ebenfalls unter Leitung von Felix Hoffmann. Als erster großer Standort für zeitgenössische Fotografie soll das Foto Arsenal ein "starkes Zeichen" setzen, das mit dem diesjährigen Foto Wien Festival beginne, wie Stadträtin Kaup-Hasler betonte. Bis dahin verweilt das 2022 von der Stadt Wien ins Leben gerufene Institut im MQ.
Dementsprechend markieren im Museumsquartier drei Eröffnungsausstellungen den Auftakt. Kernstück in der Festivalzentrale ist die Ausstellung "Crossing Lines. Politics of Images", kuratiert von Hoffmann und der Kiewer Künstlerin Kateryna Radchenko. Drei Kapitel versuchen, der Rolle von Fotos in Nachrichtenplattformen und Sozialen Netzwerken, von Zirkulation bis Rezeption, auf den Grund zu gehen - und wie diese womöglich politischen Zwecken verfallen.
Diskussionen, Ausstellungen und mehr
Um Transparenz geht es wiederum bei "How to Make a Book with Steidl". Vor der Geräuschkulisse von Druckmaschinen machen mehrere Stationen von Kurator Gerhard Steidl die komplexe Produktion von Büchern nachvollziehbar. Direkt daneben befindet sich die Ausstellung "Paris Photo-Aperture PhotoBook Award", die Fotobücher präsentiert, die mit dem gleichnamigen Fotopreis, der seit 2012 wichtige Fotobücher honoriert, ausgezeichnet wurden.
Allerdings stellen die Ausstellungen im MQ nur einen kleinen Teil des Angebots dar. Vor allem zwischen Gürtel und Donau findet sich kaum ein leeres Fleckchen auf der Festivalkarte. Unter 90 Partnerinstitutionen, die von einer Fachjury ausgewählt wurden, befinden sich neben Museen und Galerien ebenso Hotels, Botschaften, Kinos oder Gedenkstätten. Wobei auch Außenbezirke nicht leer ausgehen. Beispielsweise der Bildraum in Favoriten will mit "Documenting Ukraine: Bearing Witness to War" die subjektive Wahrnehmung des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine über Fotografien vermitteln.
Ab morgen und bis Sonntag (4. Juni) findet ein besonders gebündeltes Programm für die "Opening Days" statt. Panels und Diskussionsrunden behandeln das Festivalmotto, während 30 Verlage in den sogenannten "Book Days" internationale Fotobücher - Schwerpunkt Ukraine, Polen, Ungarn - präsentieren und im ZOOM Kindermuseum Workshops zum Thema Fake-Bilder abgehalten werden. Zum Abschluss der Eröffnungstage am Sonntag geht im Architekturzentrum die erste "Vienna Vintage Photo Fair" mit historischen Fotografien über die Bühne.
Ebenfalls neu für die Jubiläumsausgabe ist eine begleitende Fotobuchpublikation vom Steidl Verlag, mit Gruß- und Vorworten von Veronica Kaup-Hasler und Bundespräsident Van der Bellen.