Lehár-Festival zeigt Operetten-Raritäten
Das Lehár-Festival Bad Ischl bietet in seiner 64. Auflage heuer Operetten des jüdischen Librettisten Fritz Löhner-Beda "Märchen im Grand Hotel" und "Sterngucker"; letztere in einer halbszenischen Inszenierung von Nachwuchstalent Sebastian Kranner, sowie den "Bettelstudent", die Kinderoperette, 20-Minuten-Operetten. Erstmals gibt es einen Shuttle-Service und weiterhin wird versucht, einem Fair-Pay nahe zu kommen.
Fair Pay für Mitwirkende
"Ich sehe das musikalische Unterhaltungstheater und das Lehar-Festival als Ankerplatz für eine Zeit des Innehaltens, Kraft sammeln und Emotionen, in dieser ganzen Bandbreite", stellte Intendant Thomas Enzinger das Programm in einer Pressekonferenz in Linz vor. Präsidentin und Finanzreferentin Brigitte Stumpner sah die Programmierung angelehnt an die Kulturhauptstadt Europas Bad Ischl Salzkammergut 2024, die im Sommer Pause mache, ergänzte Ischls Bürgermeisterin Ines Schiller (SPÖ).
Das Festival bemühe sich um Fair Pay für die Mitwirkenden, was von Land Oberösterreich und Stadt Bad Ischl unterstützt werde, die Hauptfördergeber des 1,5-Millionen-Euro-Budgets sind. "Wir haben den Ehrgeiz, Vorreiter in Sachen Fair Pay zu werden", bekräftigte Enzinger, "die Menschen müssen davon leben können". Die Eigenfinanzierungsquote betrage 77 Prozent, im Vorjahr kamen 23.400 Gäste, heuer "streben wir nach ein bisschen mehr", so Stumpner.
Jüdische Kultur im Fokus
Heuer habe man die jüdische Kultur herausgenommen und bewusst zwei Stücke des Librettisten Fritz Löhner-Beda ausgewählt. Ihm ist gemeinsam mit Ludwig Herzer und Alfred Grünwald auch die von Marie-Theres Arnbom kuratierte Begleitausstellung "Immer nür lächeln" gewidmet. 1934 sei es nicht mehr möglich gewesen, die Revueoperette "Märchen im Grand Hotel" (Musik von Paul Abraham, Libretto gemeinsam mit Alfred Grünwald) in Berlin aufzuführen, weshalb sie in Wien zur Uraufführung gelangte. "Ich halte es für möglich, dass Menschen, die es damals schon nicht leicht hatten, in sich Ankerplätze gesucht haben", so Enzinger. In Bad Ischl inszeniere er eine spezielle Fassung von Henning Hagedorn und Matthias Grimminger.
"Luxus-Edition" mit Chor
Choreografin Evamaria Mayer versprach "eine Luxus-Edition" mit ganzem Chor, einem riesigen Tanzensemble und "große Tanzszenen auf der Bühne" samt Modetänzen aus den 1930er-Jahren. Schauspielerin Susanna Hirschler, die zum vierten Mal beim Lehár-Festival spielt, "nur in einem Stück, aber in drei Rollen", freute sich auf die "unglaubliche Herausforderung" von Schauspiel, Tanz und Gesang auf hohem Niveau und attestierte Enzinger er habe "dem Lehár-Festival Einzigartigkeit verliehen".
Nina Weiß, die als Produzententochter Marylou auf der Bühne steht, freut sich auf den Stepptanz und "dass es komödiantisch wird". Das zweite Stück von Löhner-Beda - "Der Sterngucker" von Franz Lehár, Libretto mit Alfred Maria Willner -, war die erste Operette, die er bereits 1916 schrieb. Inszenieren wird der erst 23-jährige Wiener Sebastian Kranner. Er schwärmte von der Musik "wie Walzer-Ekstase", bekannte aber, dass es eine Herausforderung sei, Operette halbszenisch zu machen. "Wir haben das Werk auf respektvolle Art entstaubt, die dem Halbszenischen dient", erklärte er, der 2010 als "Heinerle" im Fidelen Bauer sein Bühnendebüt in Bad Ischl gab, aber bereits mit 13 Jahren wusste, dass er Regisseur werden will.
Heuer mit Operetten-Shuttles
Angela Schweiger inszeniert "Der Bettelstudent" und ließ ausrichten - sie probt zurzeit in Deutschland -, der Hauptmotor der Handlung sei die "MeToo"-Geschichte einer jungen Frau, die selbstbewusst reagiert und eine Kette von Aktionen auslöst. Darauf liege der Focus ihrer "rauen, wilden, bunten Barockwelt" mit einem Statement gegen das Spießige, Engstirnige.
Neu sind heuer Operetten-Shuttles an drei Terminen als Beitrag zur Umweltfreundlichkeit, Kammersänger Herbert Lippert als Botschafter des Festivals, spritzige "Bubbles" in Kooperation mit Szigeti, die zu einem erstmaligen Merchandising-Stand mit u.a. den Sektkugeln, CDs und einer Lehár-Schnitte der Konditorei Zauner geführt hätten, verkündete Stumpner. Neu seien auch die Website und das Ticketing-System. Gemeinsam mit der Kulturhauptstadt entstand der Wettbewerb "Short Operettas", aus 24 Einreichungen werden drei 20-Minuten-Werke gezeigt. Im Rahmenprogramm finden sich unter anderem Werkeinführungen, der Operettensalon und ein Konzert von Susanne Marik und dem Palastensemble.