Toxische Pommes: "Ein schönes Ausländerkind"
In den sozialen Medien hat sich Irina alias Toxische Pommes mit ihren satirischen 15-sekündigen Videos einen Namen gemacht. In ihren Clips zeigt sie quasi die hässlichen Seiten des Lebens abseits der pastellfarbenen Instagram-Welt. Woke Linke, versnobte Bobo-Eltern oder gestopfte Student:innen zieht die Komikerin durch den Kakao und übt subtil, aber vor allem sehr humorvoll Gesellschaftskritik. Nun geht Irina, die ihren Nachnamen nicht veröffentlichen möchte, unter die Autor:innen und präsentiert ihren Debütroman "Ein schönes Ausländerkind".
Putzen als Gegenleistung
Das Buch handelt von einer namenlosen Frau, die als Kind mit ihren Eltern nach Österreich auswandert. Aufgrund der Anspannungen des Balkankrieges muss die dreiköpfige serbische Familie ihren Wohnort in der kroatischen Hafenstadt Rijeka verlassen. In Österreich angekommen, werden sie in Wiener Neustadt von einer Familie aufgenommen – in den 90er-Jahren kamen zahlreiche Flüchtlinge bei österreichischen Familien unter, um Flüchtlingsheime oder gar der Straße zu entkommen. Als Gegenleistung sollen sich die Neuankömmlinge im Haushalt nützlich machen – die Mutter schrubbt, kocht und fegt, während der Vater anfällige Reparaturen in Angriff nimmt. Die Aufgabe des damaligen "Ausländerkindes": nicht auffallen und keine Probleme machen.
Das Ausländersein "wegintegrieren"
Für die Familie beginnt eine Odyssee namens Integration, vor allem das kleine Mädchen will sich perfekt ihrer neuen Heimat anpassen. Das Buch ist autofiktional, vor allem beim Thema Integration baut die Autorin viel von ihren eigenen Erfahrungen ein. Sie kennt die Lasten eines Migrantenkindes nur zu gut. "Ich wollte beweisen, dass ich es verdient hatte, in diesem Land zu leben, in dem andere zufällig per Geburt und mit geschenkter Staatsbürgerschaft landen", so Irina gegenüber events.at.
Also leistete sie stets mehr als ihre autochton-österreichischen Kommiliton:innen – in der Schule, auf der Uni und im Job. Auch ihr Umfeld hat sie quasi gefiltert und die Ausländerin aus sich "wegintegriert", wie sie es in einem Interview mit dem ORF erklärte. "Ich bin in einer sehr autochthon-österreichischen Mitte aufgewachsen, wo ich oft die einzige Person mit Migrationsgeschichte war. Ich habe lange gedacht, dass das der einzig richtige Weg zur Integration wäre“, sagt sie. Erst später habe sie realisiert, wie wichtig es ist, sich mit anderen Menschen über gemeinsame Erfahrungen zu vernetzen.
Den Spiegel vorhalten
Diese Erkenntnis führte zu weiteren Reflexionen über das Thema Integration. "Ich frage mich schon länger, was es bedeutet, nicht integriert zu sein“, erklärt die Autorin. Sie findet, dass "unintegrierte" Menschen in Österreich nicht die Empathie bekommen, die sie verdienen. "Sie werden selten als Individuen gesehen, die eigenen Geschichten, Fähigkeiten, Sorgen und Bedürfnisse haben."
Das Buch trägt auch deshalb den Titel "Ein schönes Ausländerkind", weil es der Gesellschaft, die Migrant:innen gerne in den die Kategorien gute ("schöne") und schlechte Ausländer:innen einteilt, einen Spiegel vors Gesicht halten will. Damit gelingt der Autorin auch in Buchform das, wofür sie mit ihren TikToks bekannt geworden ist: mit pointierten Botschaften einen Nerv treffen und zum Nachdenken bringen. Diesmal aber mit weniger Humor, dafür mit mehr Reflexion.
Das Buch "Ein schönes Ausländerkind" erscheint am 18. März 2024 im Paul Zsolnay Verlag. Am 11. April um 18:30 Uhr präsentiert die Autorin bei einer Lesung ihr Buch im Wien Museum.