Josef Hader mit neuem Programm: "Hader on Ice"
Dass die Sehnsucht nach einem neuen Hader groß war, verriet bereits der frenetische Applaus, der aufbrandete, sobald der Kabarettist die nur mit rotem Barhocker und Servierwagen bestückte Bühne betrat. Nur keine Aufregung, signalisierte er den Zuschauern: "Ich mach das schon - mit meiner Premierenroutine." Ein Seitenhieb gegen sich selbst.
Denn seit 2004 brachte Hader - lässt man das immer wieder variierte Best-of "Hader spielt Hader" (ab 2012) beiseite - kein neues Stück mehr auf die Bühne. "Hader muss weg" hieß das bisher letzte Programm und der Humorist, der sich im Lauf der Jahre auch eine viel beachtete Schauspielkarriere erarbeitete, überraschte damals insofern, als er es als eine Art Live-Film inszenierte, in dem er alle Rollen selbst spielte.
Josef Hader erzählt aus seinem Leben
Mit "Hader on Ice" kehrt er nun zum klassischen Einakter-Monolog zurück. Schnell fühlt man sich an seinen Riesenerfolg "Privat" (1994) erinnert. Das Konzept: Der vermeintlich "echte" Josef Hader erzählt über sich und sein Leben - und er lässt diesmal gleich aufhorchen. "Das ist mein letztes Programm", meint er. Denn er sei ins Weinviertel ("Die Toscana von Österreich - genauso überschätzt") gezogen, habe dort einen barocken Pfarrhof renovieren lassen und wolle in dieser "gespenstischen Gegend" inmitten dieses "Zwergenvolks aus der Zwischeneiszeit" einen Corona-Roman schreiben und sich der Gartenarbeit widmen.
Hader bzw. seine Kunstfigur plaudert nett und "CO2-neutralen Karibik-Rum" süffelnd vor sich hin, doch recht bald wird einem mulmig beim Zuhören. Denn hinter der Vertraulichkeit schimmert immer mehr Verlogenheit durch. Als Entenembryos essender Vegetarier, der der Umwelt zuliebe jetzt nur noch ein einziges Auto fährt und aus dem Konsumwahn ausgestiegen sei, weil sich sein nigerianischer Hausdiener sowieso um alles kümmere, gefällt sich der (erfolg)reiche Künstler, der es sich in seiner inneren Kälte recht gut eingerichtet hat. Der Mensch sei halt nicht so gemacht, dass er Mitleid hat mit anderen Menschen, die im Mittelmeer ersaufen. "Aber wenn der Leonardo DiCaprio im Studio so tut, als würd' er ersaufen, da geht uns das Herz auf."
Nach und nach legt Hader die charakterlichen Abgründe und gleichzeitige Armseligkeit seiner Figur frei. Ein seelisch Verwundeter spricht da, der sich in Zynismus und Verschwörungstheorien flüchtet, seinen Tag mit Alkohol strukturiert, junge Frauen, "die man noch formen kann", verschleißt, und sein Lebensmotto so zusammenfasst: "Zur besten Zeit auf die Welt kommen, der nächsten Generation alles wegfressen und schmerzfrei sterben." Kaltschnäuzig und voller Verachtung, gibt Hader den harten Kerl, der sich aber eh auf der Seite der Guten wähnt, der schnell die Würde verliert, wenn es eng wird, und wimmert und flennt, wenn man es sich mit Geld und Ruhm nicht mehr richten kann.
Es wäre nicht Hader, gäbe es nicht auch im neuen Programm - wobei aufmerksame Fans bemerkt haben werden, dass ein paar Sequenzen bereits im zu Coronazeiten regelmäßig befüllten Online-Player des Kabarettisten zu sehen waren - surreale Elemente. So lernen wir bald den sprechenden Wolf "Rudl" kennen - wohl eine schizophrene Spiegelung. Mit ihm, dem letztlich einzigen verbliebenen Freund, sitzt Hader am Ende am Klavier und singt "Somewhere Over The Rainbow". Ein doch noch herzerwärmendes Finale einer laut bejubelten und teils mit Standing Ovations gefeierten Kabarettpremiere.