Von TikTok auf die Bühne: Michael Bauer live
Comedy ist ein hartes Geschäft, das wusste Michael Bauer schon von Anfang an. Er musste also Wege finden, um das Publikum auf sein Material aufmerksam zu machen. Das erzählte Bauer gleich zu Beginn dem ausverkauften Saal im Kabarett Niedermair am Premiere-Abend seines Programms "Was frag ich auch so blöd".
Er begann, so ging seine Geschichte weiter, mit der Suche nach einem originellen Namen, denn Menschen, die Michael Bauer heißen, "gibt es wie Sand am Meer". Über Suchmaschinen gefunden zu werden wäre damit kaum möglich. Aber dann kam ihm die zündende Idee, die auch zeigt, dass manchmal das Leben die besten Geschichten schreibt. Irgendwann dämmerte ihm, dass ihn seine Frau oft mit den Worten "Michibär, Heidelbeerhugooo" um einen Hugo mit Heidelbeeren bat. Der Name gefiel ihm. Und er war nicht vergeben im Netz.
Liebeskummer und Sitzgurtverlängerung
Dass er auch sonst kein 08/15-Comedian ist, bewies Bauer am Mittwoch mit seinem behutsamen Umgang mit Diversität sowie seinen Späßen mit Tiefgang. Er witzelte über seine serbische Mutter, die ihn als Teenager in einem Modegeschäft bloßgestellt habe, den ersten Liebeskummer mit "Sherazade" (die alle "Resi" nannten, weil sie ihren Namen nicht aussprechen konnten), aber auch über seine Kündigung als Büroangestellter, weil er mal seine Brille verlegt und der Chefin falsche Quartalszahlen vorgelegt hatte.
In seiner Show ist Michael Bauer quasi der liebenswürdige Antiheld, der schwierigen Situationen mit einer ordentlichen Portion Humor begegnet. Er scheut nicht davor zurück, sich über die engen Sitze von Ryanair lustig zu machen, da er sich ob seiner Körpergröße fürchtet, dass die Stewardess die "Sitzgurtverlängerung" zückt.
Grenzen des Humors
Auch unbequeme Witze machte Bauer, weshalb sich das Publikum vielleicht nicht immer im Klaren war, ob es lachen soll. Er sprach von einer Episode mit seiner Frau, als er eine zu große Kommode bei Möbelix gekauft hatte. Weil diese nicht in sein Auto passte, lieh er sich bei einem Autohändler in der Nähe ein Family-Van als "Probefahrt" und fuhr das Möbelstück nach Hause. Ob er damit das Klischee des "Jugo-Betrugo" mit einer völlig überspitzen Erzählung aufs Korn nimmt oder ob er das Klischee reproduziert, muss wohl jeder und jede für sich entscheiden.
Im Laufe des Programms balancierte Bauer relativ ausgewogen mit Stereotypen, verfehlte das Ziel dabei nur einmal. Als er im Alter von sechs Jahren mit seiner Mutter nach Serbien flog, damals noch mit der längst bankrotten Jat Airways, wären an die Kinder Stofftiere sowie "kleine Spielzeugmaschinengewehre" ausgeteilt worden. Um die Pointe zu untermauern, schoss er mit dem imaginären Gewehr im Raum. Denkt man an die verheerenden Ausmaße der Balkankriege der 90er-Jahre zurück, also ungefähr die Zeit, als Bauer sechs Jahre alt war, bleibt einem hier vielleicht doch das Lachen im Halse stecken.
Subjektive Sache
Fragen, wie manche Gags zu deuten sind und welche Witze als "lustig" empfunden werden können, sind wohl eine subjektive Angelegenheit. Heidelbeerhugo nur an seiner Anekdote zum Serbien-Urlaub festzunageln, wäre seinem Programm nicht gerecht. Denn in seiner fast zweistündigen Show deckte Michael Bauer viele Bereiche des alltäglichen Lebens ab: das Leben mit Kindern – und die Veränderungen, die sie mit sich bringen –, das Zusammenleben in einer Partnerschaft sowie die Mühen, die Sprache eines Teenagers "jugendlich" zu verstehen.
Michael Bauer hat den modernen Weg ins Kabarett gewählt: Seine Karriere nahm auf Social Media ihren Lauf, wo er mittlerweile über 25.000 Follower:innen auf Instagram zählt, auf TikTok wurde er bereits über eine Million Mal gelikt. Der Sprung auf die Bühne zum Live-Publikum war wohl nur eine Frage der Zeit - und ist ihm mit der Premiere am Mittwoch im Niedermair durchaus gelungen.