Von Bohnensuppe und Bobos: TikTok-Star Toxische Pommes live
"Als ich vom Indendanten vom Kabarett Niedermair angerufen und gefragt wurde, ob ich ein 60-minütiges Kabarettprogramm präsentieren möchte, habe ich erstmal gegoogelt, was ein 'Intendant' ist." Mit diesem nüchternen Geständnis beginnt das Bühnenprogramm der Satirikerin Irina am Dienstagabend im selbigen Haus.
Es ist ihr erstes Programm, mit dem sie vor Publikum spricht. Denn Irina ist keine Kabarettistin, sondern eigentlich eine Social-Media-Berühmtheit, die unter dem Account-Namen Toxische Pommes humorvoll-satirsche Videos auf TikTok postet. Und das mit großem Erfolg: rund 76.000 FollowerInnen und 5,3 Millionen Likes zählt sie aktuell.
Vom Balkan nach Wiener Neustadt ...
Nach ersten Stand-Up-Auftritten im "Politically Correct Comedy Club“ folgt nun der nächste Schritt auf die größere Live-Bühne. Es sei für sie eine Überwindung gewesen, denn mit Kabarett habe sie bis dato nichts am Hut gehabt. Als Digital Native habe sie also die Recherche gestartet: "Ich habe dann 'Kabarett - 60 Minuten' gegoogelt und 30 Videos von Männern namens Alfons oder Alfred gefunden. Und eines von der Lisa Eckhart".
Es ist kein "typischer" Kabarettabend also, die studierte Juristin steht nicht als Entertainerin auf der Bühne. Sie animiert nicht zum Klatschen, sucht nicht die Interaktion mit dem Publikum. Fast schon schüchtern liest sie sitzend aus ihrem mitgebrachten Text, der eine Art Kurzbiographie ihres Heranswachsens ist. Fast. Denn der bissig-trockene Witz, den die Fans auf TikTok so feiern, klingt auch hier subtil durchs Mikrophon.
Mit wenig Emotionen, aber umso mehr schwarzem Humor zwischen den Zeilen, erzählt Toxische Pommes von ihrem Aufwachsen als "Ex-Yugo-Kind" im Wiener Neustadt der frühen 90er-Jahre. Vom Anderssein, das ihr von ihrem Umfeld stets suggeriert wurde, von vielen Begegnungen mit Alltagsrassismus und ihrer Suche nach Zugehörigkeit. Wie sie versuchte, "die österreichischste Österreicherin" von allen zu werden, mit diesem Plan aber rigoros gegen die Wand fuhr.
Die ZuschauerInnen lachen und leiden mit, wie sie von ihren Jugendjahren berichtet, die geprägt sind vom Oszillieren zwischen Assimilation und radikalem Balkan-Stolz. Dabei kreiert Toxische Pommes mit ihren Worten ein so lebhaftes Bild, das man im Publikum fast schon das Gefühl hat, die geliebte Bohnensuppe ihres Vaters riechen zu können.
... bis nach Wien
Als Studentin zog es Irina schließlich nach Wien, raus aus dem engstirnig-rassistischen Wiener Neustadt. Es folgen Jahre am Juridicum, mit all den Skurrilitäten, die es dort eben so zu erleben gab. Begegnungen mit Snobs und Bobos, Neureichen und Bonzen, ... Auch hier ist Irina wieder anders als die anderen. Zum Glück helfen überteuerte Therapiestunden, bis schließlich die Erkenntnis kommt: Es ist eigentlich auch Okay, nirgendwo so richtig dazuzugehören.
Fazit: Toxische Pommes schafft es in ihrem Bühnenprogramm, auf humorvolle Weise genau da Sozialkritik zu üben, wo es nötig ist. Egal ob Migrationshintergrund oder nicht, jede/r wird hier Reminiszenz-Momente erleben, denn ihre Geschichten schreibt das Leben in Österreich – kannst' ned erfinden!
Und dass ihr Sprung vom 15-Sekunden-TikTok-Video auf die Kabarettbühne bisher gut angekommen ist, zeigt auch der Run auf ihre Spieltermine: Alle bisherigen Live-Termine in Wien sind ausverkauft. Bleibt zu hoffen, dass es mehr werden.