Konzerte

Air: 25 Jahre "Moon Safari" im Konzerthaus

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Ein bisschen fühlte man sich wie bei einem Klassentreffen: Viele bekannte Gesichter, freudige Erwartung und die kleine Ungewissheit, ob es wieder so werden wird wie damals. Immerhin ist ein Vierteljahrhundert vergangen, seit "Moon Safari" mit seinen warmen Synthesizer-Sounds und verträumten Melodien eingeschlagen hat. Das französische Popduo Air gastierte anlässlich dieses Jubiläums Dienstagabend im Wiener Konzerthaus und wusste die treue Fangemeinde zu verzaubern.

Gegenentwurf zum Mainstream

Jean-Benoît Dunckel und Nicolas Godin waren 1998 ein unbeschriebenes Blatt, als sie unter dem Namen Air ihr Debütalbum veröffentlichten. Zu einer Zeit, als Hip-Hop im Mainstream seinen ersten Siegeszug feierte und die damals grassierende Nu-Metal-Welle eher machistisch Rollenbilder bediente, lieferten sie den Gegenentwurf dazu: Die Mittel der elektronischen Musik ebenso nutzend wie einen betont handgemachten und dadurch sehr analog anmutenden Sound, evozierten sie psychedelische Klangsphären, zelebrierten melancholische Momente und luden ihre Hörerschaft zum Träumen ein.

Den damit einhergehenden Erfolg hätte wohl kaum jemand vorausgesagt, am wenigsten die Musiker selbst, wie auch Dunckel vor dem Wien-Gig im APA-Interview betonte. "Wir wussten, dass das Album Seele hat und waren hoffnungsvoll. Aber einen Erfolg in dieser Größenordnung hätten wir nicht zu hoffen gewagt. Über die Monate ist alles einfach gewachsen und gewachsen, die Menschen haben das Album geliebt." 

Die von Beth Hirsch gesungene Großtat "All I Need", das zupackende Synthieriff von "Sexy Boy" oder der tanzbare Gestus von "Kelly Watch The Stars" sollten Air im Popzirkus fest verankern, wobei die Platte Fluch und Segen gleichermaßen war, wurden doch alle folgenden Arbeiten an "Moon Safari" gemessen.

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 Jubiläumstour

Ungeachtet dessen wissen Dunckel und Godin natürlich, was sie an diesem Stück Musik haben. Für die Jubiläumstour ließ sich das Duo, das von einem ungemein versatilen Drummer begleitet wurde, ein Livesetting bauen, das mittels Guckkastenbühne nochmals den romantischen Sci-Fi-Charakter viele ihrer Stücke unterstrich. Waren die Musiker selbst ganz in weiß gewandet, spielten die leicht transparenten Displays im Hintergrund alle Stücke, ließen entweder Lichtspiele in unterschiedlichster Intensität erstrahlen oder aber öffneten den Blick ins Universum wie bei "Venus", einem der vielen Höhepunkte an diesem Abend. Zu "Talisman" wiederum ergoss sich dichter Nebel über die Bühne, die Füße der Protagonisten umspielend und im Zusammenspiel mit dem ganz in Rot gehaltenen Licht eine ganz eigene Stimmung erzeugend.

Neben "Moon Safari", das eingangs und damit erstmals live in voller Länge dargeboten wurde (hier wurde jedes markante Bassriff von Godin, jede einprägsame Klaviermelodie von Dunckel frenetisch gefeiert), ließen sich Air nicht lumpen und boten im zweiten Teil ein Best-of, das eindrucksvoll vor Augen führte, wie reichhaltig diese kreative Partnerschaft über viele Jahre doch war. "Cherry Blossom Girl" war ein zuckrig-schöner Poptraum, "Run" betonte die durchaus vorhandenen düsteren Seiten des Duos und zu "Surfing On A Rocket" flog man wieder schnurstracks Richtung Sterne. In diesen knapp zwei Stunden wurden Kopf wie Bauch gleichermaßen angesprochen.

Nicht nur Nostalgie

Wer Air immer noch im Fach leichte Musik für zwischendurch abgespeichert hatte, wurde nach der langen Liveabstinenz eines Besseren belehrt. Immens druckvoll und mit viel Präzision wurden die zwischen retro und futuristisch pendelnden Songs zum Strahlen gebracht. Air mögen zwar seit mehr als zehn Jahren keine neue Musik mehr veröffentlicht haben und werden das nach eigenem Bekunden vielleicht auch nie wieder tun, diese Tournee ist aber definitiv nicht nur für Nostalgiker ein Highlight. 

(Von Christoph Griessner/APA)

Wer das Konzert von Air im Konzerthauskonzert verpasst hat, hat am 23. Juli 2024 eine weitere Chance, die Band live zu erleben. Diesmal treten sie in der Wiener MetaStadt auf.