Hip-Hop-Legenden Wu-Tang Clan feierten in Wien
Die ganz ursprünglichen Neun waren sie dann doch nicht, so wie anno dazumal in den 90er-Jahren, als sie den Hip-Hop de facto revolutionierten. Bei ihrem Konzert am Dienstagabend in der Wiener Stadthalle schickten sich sieben Mitglieder des legendären Wu-Tang Clans dazu an, mit rund 14.000 Fans den Old-School-Rap von einst wieder aufleben zu lassen, der noch fernab von Autotune und Cloud-Sound zum Bouncen brachte.
Vermisst wurde natürlich zum einen Russell Tyrone Jones alias Ol’ Dirty Bastard, der im Jahr 2004 verstarb. Aber auch Mitglied Method Man musste offenbar aufgrund von Dreharbeiten für ein Filmprojekt bei der aktuellen Tour (unentschuldigt) ausfallen. Dafür gab es starken Support von Denzel Curry und J.I.D. (als Ersatz für den eigentlich geplanten Nas), sowie den heimischen Waxolutionists.
Jubiläumsfeier
Für die österreichischen Fans war es das erste Live-Wiedersehen mit der legendären Crew seit ihrem letzten Stopp hierzulande in der Arena 2015. Und es galt etwas zu feiern: Genau 30 Jahre ist es her, dass der Wu-Tang Clan (der Name ist übrigens eine Anspielung auf den 70s-Martial-Arts-Film "Die 36 Kammern der Shaolin") sein heute als ikonisch geltendes Album "Enter The Wu-Tang (36 Chambers)" veröffentlichte und damit die Geschichte des Hip-Hop neu schrieb. Die Platte wurde als eine der einflussreichsten Alben der 1990er und als eines besten Hip-Hop-Alben aller Zeiten bezeichnet, unter anderem vom "Rolling Stone".
Für die Fans galt es am Dienstag also, einer Ära zu huldigen. Wien packte somit trotz Tropenhitze die übergroßen Hoodies aus und legte die passenden Goldkettchen an, auf Kommandos wie "Wu-Tang ain't" schallte motiviert "nothing to fuck with" zurück.
Kurz erklang das Nancy-Sinatra-Cover von "My Baby Shot Me Down", dann legten RZA, GZA, Raekwon, Ghostface Killah, U-God, Masta Killa, Inspectah Deck und Cappadonna auch schon mit "Bring da Ruckus" und "Da Mystery of Chessboxin" voll los, beide Tracks von besagtem Jubiläums-Debütalbum.
Wu-Tang Clan ließ sich in Wien feiern
Eine Live-Band mit Gitarren, Bass und Schlagzeug unterstütze das testosteronlastige Performen des Clans auf der Bühne, im Hintergrund flimmerten lediglich KI-generierte Samuraikrieger und Cartoonanimationen als Visuals.
Nach dem 2000er-Track "One Blood Under W" wies Bandleader RZA die wippende Menge einmal mehr auf das große Jubiläum hin, dann folgte mit "Wu-Tang Clan Ain’t Nuthing Ta F‘ Wit" auch schon der nächste Klassiker. Bei so viel selbstbewusstem Gehabe und Energie vergaß man als Zuschauer:in mal kurz, dass die Herren selbst bereits im doch recht fortgeschrittenen Alter ihr Programm abzogen. Und auch songtechnisch blieben kaum Wünsche offen: Pflichtbewusst wurden reihenweise bekannte Banger ins Set eingestreut, von "Protect Ya Neck" oder "Clan in da Front" über "C.R.E.A.M." und "Shimmy Shimmy Ya", als Tribute an den verstorbenen Ol' Dirty Bastard. Aber auch der nach wie vor Dancefloor-taugliche Track "Gravel Pit", ebenfalls aus dem Jahr 2000, war natürlich mit dabei. Die Nostalgie war zum Greifen spürbar, das tanzende Publikum feierte den Clan, ihre jahrzehntealten Hits – und sich selbst als "Teil des Clans".
Das immerhin über 20 Songs starke Set hielt im finalen Zugabeteil passenderweise noch den 97er-Track "Reunited" parat. Doch dass die österreichischen Fans in Zukunft wieder mit dem Wu-Tang Clan in dieser kollektiven Form live zusammenkommen können, ist ungewiss. Falls es ein Abschied war, dann war es in jedem Fall ein würdiger.