Großes Kino auf kleiner Bühne: Dracula-Musical in der Seestadt
Eigentlich ist es ganz einfach, in die Seestadt und somit zum neuen Veranstaltungszentrum Kulturgarage zu kommen. Nur sollte man sich nicht von der Station “Aspern Nord” zu Fuß auf den Weg machen. Denn dieser Weg ist noch im Wandel befindlich. Sprich: Unbebaut, unbeleuchtet und deshalb abends stockfinster. Wobei: Bewaffnet mit der Handy-Taschenlampe auf unwegsamen Terrain, war es noch viel aufregender, zum Theater zu gelangen.
Neuer Kultur-Hotspot in Wien
Die Kulturgarage der VHS Wien hat Anfang 2022 als Ort des kulturellen Austausches eröffnet. Ob Theater, Musical, Chorauftritte oder andere Veranstaltungen: Das Konzept sieht keine eigene Intendanz vor. Vielmehr können sich professionelle Theater-, Musik- und Kulturproduktionen im Quartier "Am Seebogen" einmieten.
“Dracula” in der Neufassung
Den Start macht die Kreativagentur SIPARIO mit “Dracula”. Das Musical entstammt aus der Feder von Frank Wildhorn, der für seine Produktionen “Dr. Jekyll & Mr. Hyde” sowie “Der Graf von Monte Christo” bekannt geworden ist. Mit “Dracula” hatte sich der US-Produzent einen Broadway-Hit erhofft. Jedoch musste das Stück aufgrund negativer Kritikerstimmen bald wieder abgesetzt werden. Nach einer gründlichen Überarbeitung erntete das Musical dann endlich positives Feedback.
Starkes Ensemble und kreative Lösungen
Natürlich wird auch in der Wiener Seestadt die Neufassung in deutscher Übersetzung und mit Live-Orchester gespielt. Als Fürst der Finsternis gibt Song-Contest-Kandidat Cesár Sampson sein Musical-Debüt. Unterstützt wird er von einem äußerst motivierten Ensemble, darunter Florian Klein als Jonathan Harker und dem Publikumsliebling des Premierenabends: Sarah Zippusch als Mina Murray.
Erstaunlich ist auch, was das Team aus der vergleichsweise kleinen Bühne herausholt: Mit beweglichen Requisiten, stimmungsvoller Beleuchtung und Videoinstallationen als Kulisse konnten räumliche Schwierigkeiten elegant umgangen werden. Der Platzmangel hielt das Ensemble auch nicht von kreativen Tanzeinlagen ab.
Der Vampir und die Liebe
Als Bram Stoker Ende des 19. Jahrhunderts seinen Roman “Dracula” veröffentlichte, hat er sicher nicht geahnt, wie sehr uns diese Geschichte noch heute in ihren Bann zieht. Der Vampir lädt seinen Immobilienmakler Jonathan Harker nach Rumänien, um letzte Verträge für ein neues Domizil in London zu unterschreiben. Dabei entdeckt er das Bildnis von Harkers Verlobten, Mina Murray, die Draculas verstorbenen Frau zum Verwechseln ähnlich sieht. Überzeugt davon, Mina zu verführen und ewig mit ihr glücklich zu sein, macht sich Dracula auf den Weg nach England. Doch das mit der Liebe ist selbst für eine mächtige Kreatur der Nacht nicht ganz so einfach …
Frank Wildhorns Musical bleibt dabei ganz nahe am Original. Und auch die Inszenierung von SIPARIO verfestigt vampirische Stereotype mit den Kostümen sowie dem Bühnenbild. In der recht dramatischen Musik findet die tragische Liebesgeschichte ein gutes Ventil. Wer jedoch Erotik à la Francis Ford Coppolas filmischer Version erwartet, ist hier an der falschen Adresse. “Dracula” in der Seestadt ist familienfreundlich und deshalb ein guter Einstieg für all jene, die eine Karriere als Vampir-Fans nicht ausschließen.
Zu sehen ist das Musical noch bis 1. Mai 2022. Alle Spieltermine gibt es hier im Überblick: