Bundestheater noch nicht auf Vor-Corona-Niveau
"Sehr stolz und sehr glücklich", gab sich Christian Kircher, der Geschäftsführer der Bundestheater-Holding, am Freitag bei der Präsentation der Bilanzzahlen für 2022/23, der ersten Saison ohne Coronamaßnahmen. "Wir sind über die Folgen dieses Ausnahmezustands weitgehend hinweg." Dennoch trübte ein missgelauntes rotes Smiley die Ausblickcharts seiner Powerpoint-Präsentation: Die Mehrjahresplanung der Finanzierung ist schwierig. Einige Umbauvorhaben sind dagegen auf Schiene.
Kasino am Schwarzenbergplatz wird umgebaut
So wird das Kasino am Schwarzenbergplatz, der sonst vom Burgtheater bespielte Schauplatz der heutigen Pressekonferenz, ab Sommer saniert. Der Umbau wird das ganze Jahr 2025 in Anspruch nehmen, das Kasino daher dem neuen Burgtheater-Direktor vorerst nicht zur Verfügung stehen. Alternativen dazu werde Stefan Bachmann, der laut dem kaufmännischen Geschäftsführer des Burgtheaters, Robert Beutler, zwölf Nichtverlängerungen im Ensemble ausgesprochen hat, bei seiner ersten Spielplanpressekonferenz im Frühjahr vorstellen. Seine Direktion wird Bachmann jedoch im Akademietheater mit neuer roter Samtbestuhlung eröffnen können. Da man für diese 1,5 Mio. Euro teure Verbesserung des Zuschauerkomforts jedoch mit den zwei Monaten der traditionellen Sommer-Schließung nicht auskommt, wird das kleine Haus des Burgtheaters schon Ende Mai gesperrt.
So oder so kann das Burgtheater einen Aufmerksamkeitsschub vertragen, denn es bleibt der Nachzügler bei den Kennzahlen der Bühnengesellschaften. Die Sitzplatzauslastung in allen Spielstätten des Burgtheaters hat sich 2022/23 zwar von der Vorsaison um 8,5 Prozentpunkte auf 69,4 Prozent verbessert, liegt aber noch deutlicher als vorher hinter jener von Volksoper (78 Prozent) und Staatsoper (98 Prozent). Dies sei "keine künstlerische Fragestellung, sondern weitgehend eine Folge von Corona", die überall Sprechtheater stärker treffe als Musiktheater, sagte Kircher und verwies darauf, dass im Burgtheater in der Saison 2022/23 100 Vorstellungen aufgrund von Krankheitsfällen abgesagt, umbesetzt oder verschoben werden mussten. Im Vergleich zu anderen Häusern im deutschsprachigen Raum zähle das Burgtheater zu den erfolgreichsten Sprechtheatern. Beutler nannte die 82,2 Prozent Burgtheater-Auslastung der letzten Nicht-Corona-Saison 2018/19 als nicht ganz aussagekräftig und bezifferte die Durchschnittsauslastung der Direktion Karin Bergmann auf 78 Prozent. Auch wenn "die Planung von Vernunft geprägt ist" (Kircher) will man wohl zumindest dort wieder hin. "Wir erwarten einen großen Zuspruch im Herbst", versicherte Beutler.
Dass das Burgtheater als einzige Tochtergesellschaft der Bundestheater 2022/23 mit einem negativen Jahresergebnis abschloss, liegt laut Kircher an Investitionen für zwei Großprojekte bei Heizung und Elektrizität und der Aufteilung der im Finanzjahr 2023 gesamt 186,9 Mio. Euro betragenen Basisabgeltung nach einem Modus, der den Töchter per Ende 2022/23 annähernd gleiche Rücklagen im Verhältnis zu ihrem Budget sicherte und so Burg-Rücklagen abschmelzen ließ. "Das Burgtheater ist nach wie vor ein sehr gesundes Unternehmen", versicherte der Holding-Geschäftsführer.
Enorme Kostensteigerung einberechnet
Der Eigendeckungsgrad hat sich in allen Bühnengesellschaften erhöht (Staatsoper von 30,3 auf 43,5 Prozent, Volksoper von 14,3 auf 19,1 Prozent, im Burgtheater von 20 auf 21,2 Prozent). Die Ticketerlöse lagen 2022/23 "knapp unter dem Alltime-High", sagte Kircher. "Ich glaube, dass wir dieses Jahr den Rekord knacken und das erfolgreichste Jahr abschließen werden." Zu dieser Hoffnung geben die aktuellen Saisonauslastungen bis inkl. Jänner Anlass, die in der Staatsoper 99,2 Prozent, in der Volksoper 84,3 und im Burgtheater 67,2 Prozent betragen. Trotzdem mache man sich "Sorgen für die mittelfristige Entwicklung", denn die enormen Kostensteigerungen (so sind die Energiekosten trotz Einsparungen 2022 um 40 Prozent gestiegen, kostet die nächste kollektivvertragliche Gehaltssteigerung den Bundestheatern 18/19 Mio. Euro) seien mit mehr Kartenerlösen nicht abzudecken. "Eine erhöhte Basisabgeltung ist die Garantie für den Fortbestand." Immerhin sei dabei eine "kontinuierliche Aufwärtsentwicklung" von 186,9 Mio. Euro (2023) über 194,2 Mio. (2024) bis zu 203,8 Mio. Euro (Zusage für 2025) zu verzeichnen. Die Valorisierung der Basisabgeltung bleibt das langfristige Ziel.
Compliance-Themen wie Machtmissbrauch und Kindeswohl beschäftigen die Bundestheater nicht nur als Folge des Falls Teichtmeister ebenso wie IT-Sicherheit oder die Vorbereitung auf die kommende Pflicht zum ESG-Reporting, bei dem Unternehmen ihre Anstrengungen in den Bereichen Umwelt, Soziales und Unternehmensführung (Environment, Social, Governance/ESG) darlegen müssen. Einen weiteren Schritt zur Nachhaltigkeit haben die Bundestheater mit ihrem neuen Geschäftsbericht gemacht: Erstmals wurde er auf Cradle to Cradle Papier gedruckt, dem höchsten diesbezüglichen Umweltstandard.