Theater an der Wien lockt mit zahlreichen Premieren
Seit Beginn der aktuellen Spielzeit verantwortet Stefan Herheim die Geschehnisse im (Musik-)Theater an der Wien, das während der laufenden Generalsanierung seine Zelte im Museumsquartier aufgeschlagen hat. Das bleibt auch 2023/24 so, eine Saison, für die der Intendant insgesamt 13 Premieren vorgesehen hat, von denen fünf in der Nebenspielstätte Kammeroper und eine am neuen Spielort Reaktor angesetzt ist, wie er bekanntgab.
400 Jahre Operngeschichte
"Die ewigen Baustellen sind eine ewige Herausforderung", konstatierte Herheim. Und selbstredend sehe sich auch das TaW mit dem allgemeinen Fachkräftemangel konfrontiert. Dennoch lässt man sich von den Unbilden nicht beirren. "Die Bandbreite des Programms haben wir schon vergangenes Jahr klar gemacht: Wir sind sehr breit aufgestellt." Im Kern bedeutet dies, dass man nicht nur 400 Jahre Operngeschichte abbildet, sondern auch die Operette und die Familienoper pflegt.
"Dudelsackpfeifer" und "Candide"
So kehrt etwa Tobias Kratzer, Hamburger Staatsopern-Intendant in spe, der in der aktuellen Saison bereits Rossinis "Gazza ladra" präsentierte, zurück und gestaltet mit Jaromír Weinbergers "Schwanda, der Dudelsackpfeifer" die nächste Volksoper (Premiere am 18. November) - als tiefenpsychologische Paartherapie mit Shootingstar André Schuen in der Titelpartie. Lydia Steier, die in Österreich vor allem durch ihre Interpretation der "Zauberflöte" bei den Salzburger Festspielen bekannt wurde, gibt ihr Wiener Debüt mit Leonard Bernsteins Genrehybrid "Candide" am 17. Jänner 2024. "Ein Wagnis ist die Operette immer", freut sich Herheim auf das Projekt.
"Wo die wilden Kerle wohnen"
Regiestammgast Nikolaus Habjan nimmt sich mit Oliver Knussens "Wo die wilden Kerle wohnen" am 16. Dezember eine Familienoper vor, die eine von drei Erstaufführungen der kommenden Saison darstellt. Zad Moultakas "Hamed und Sherifa" als weiteres Familienstück in der Kammeroper handelt anhand eines Märchens Geschlechtergrenzen und -fragen ab, interpretiert von Florian Drexler. Und nicht zuletzt inszeniert auch der Hausherr selbst wieder.
So nimmt sich Herheim als Regisseur am 19. Oktober Händels Oratorium "Theodora" vor, wobei Counterlegende Bejun Mehta am Pult des Folia Barockorchesters erstmals als Dirigent am Haus zu erleben sein wird. Ein weiteres Märtyrerwerk steht auch am Beginn der Saison, wenn die Donizetti-Rarität "Les Martyrs" mit Tenor John Osborn unter der Regie von Jérémie Rhorer am 18. September die Spielzeit einläutet.
Herzschmerz im Museumsquartier
Für Romantik steht eher Charles Gounods "Roméo et Juliette", die ab 23. Februar Herzschmerz ins Museumsquartier bringt, wobei Marie-Eve Signeyrole nach ihrer umstrittenen Händel-Arbeit "Belshazzar" als Regisseurin ins (Musik-)Theater an der Wien zurückkehrt. Romeo und Julia 2.0 gibt es indes bei "Denis & Katya" von Philip Venables, bei dem es um zwei russische Jugendliche und ihr transparentes Leben im Zeitalter von Sozialen Netzwerken geht. Und nicht zuletzt hat man eine Uraufführung im Angebot - eine 200 Jahre alte. Antonio Salieris "Kublai Khan" wird am 5. April erstmals in ihrer italienischen Originalfassung zu sehen sein, interpretiert vom Nachwuchsregisseur Martin G. Berger.
Ab Herbst 2024 wieder im Theater an der Wien
Und da man dann im Mai vor den Wiener Festwochen weichen muss, bespielt man mit dem Reaktor im Wiener Außenbezirk Hernals eine neue Spielstätte. Hier ist am Freitag, dem 26. April, ein Projekt unter dem Titel "Freitag, der Dreizehnte" zu Ehren von Jahresjubilar Arnold Schönberg angesetzt. Und neben dem szenischen Reigen setzt man die Reihe der konzertanten Oper im Haupthaus fort, weiterhin mit einem Fokus auf Hausgott Händel.
Noch offen ist indes die Frage, ob der Hausgott ab der übernächsten Saison wieder im Stammhaus wirken kann oder vielleicht eine weitere Saison im Ausweichstandort Museumsquartier verbleiben muss. "Wir sind im Zeitplan und guter Dinge mit dem heutigen Tag, dass wir im Herbst 2024 wieder im Theater an der Wien spielen können", machte Franz Patay als Geschäftsführer des Mutterkonzerns VBW deutlich. Zugleich gelte aber: "Es sind herausfordernde Zeiten - die Zeit- und Finanzpolster schmelzen wie die Gletscher in der Sonne." Letztlich müsse man bis Anfang Juni die finale Entscheidung treffen. Klar sei jedenfalls, dass man nicht inmitten der Saison wechseln könne. Entweder spielt das (Musik-)Theater an der Wien 2024/25 also komplett im MQ oder doch im frischsanierten Theater an der Wien.