steirischer herbst: Zentrale Ausstellung rund um Konflikte und Gewalt
Mit der Ausstellung "Ein Krieg in der Ferne" zeichnet der steirische herbst ein umfassendes Bild zum Thema Konflikte und Gewalt in unterschiedlichen Ausformungen. Gezeigt werden großteils Arbeiten aus der umfangreichen Sammlung der Neuen Galerie, die selbst historische Dimensionen hat. Die Werke des 19. und 20. Jahrhunderts werden im Dialog mit neuen Arbeiten, von denen einige in Auftrag gegeben worden sind, dargestellt, hieß es am Donnerstag bei einem Presserundgang.
"Spurensuchen nach Konflikten"
Die Ausstellung ist "eine Spurensuche nach Konflikten, Verwerfungen und Dissonanzen, die Österreich jahrhundertelang geprägt haben", beschrieb der Leiter der Neuen Galerie, Peter Peer. Für die Schau wurde der alte Eingang in der Neutorgasse, der dem Umbau vor über zehn Jahren weichen musste, wieder geöffnet. "Die Öffnung des historischen Eingangs ist ein Teil der Spurensuche", betonte Peer, während Intendantin Ekaterina Degot den "Eingang mit der majestätischen Rotunde" pries.
Trotz der umfassenden Menge an Kunstwerken aus unterschiedlichsten Zeiten und von den verschiedensten Künstlerinnen und Künstlern ist es gelungen, der Schau eine klare Prägung und eine übersichtliche Struktur zu geben. Dazu trägt die Kapiteleinteilung bei, die ausführlich beschrieben wird und immer neue Blickwinkel auf das Thema ermöglicht.
Mixed-Media-Schau
Gleich zu Beginn findet sich ein Raum mit dem Titel "Das Weiß der Moderne" in dem die angebliche Unschuld dieser Farbe angesprochen wird. Auf einem Gemälde von Hugo Cordignano mit dem Titel "Wäscherinnen" (1918 - 1919) sind Frauen beim Reinigen von Kleidungsstücken zu sehen. Dazu wird ein Video von Friederike Anders ("Das Gedächtnis der Frau in Weiß", 1997) gezeigt, auf dem geheimnisvolle - und keineswegs unschuldige - Frauen in Weiß aus der Filmgeschichte zu sehen sind.
Das Generalthema des steirischen herbstes greift der Raum "Kriege in der Ferne" auf. Johann Wachtls Gemälde "Abschied eines entschlossenen österreichischen Landwehrmannes" zeigt eine Szene aus den Napoleonischen Kriegen. Nur wenige Jahre alt ist die Videoarbeit "Volga" (2015) von Aslan Goisum. Sie zeigt Flüchtlinge auf einem herbstlichen Feld, die sich alle in ein einziges Auto drängen wollen. Dazu wurden Fotos von Nihad Nino Pusija dazugestellt, die zerstörte Gebäude in Sarajewo und Berlin zeigen.
Henrike Naumann gestaltete mit "Mixed-Media Installation" einen eigenen Raum, in dem sie die politische Bedeutung der deutschen Wiedervereinigung und das damit einhergehende Verschwinden der DDR thematisiert. Ein Video zeigt historische Aufnahmen von Ost-Berlin, die mit Aufnahmen von rechtsextremen Ausschreitungen von 2019 überblendet werden und wird kombiniert mit postmodernen Einrichtungsgegenständen.
Politiker-Porträts
Einige Räume sind großen Videoarbeiten einzelner Künstler vorbehalten. Assaf Gruber zeigt mit "Never come back" (2022) einen nackten Musiker, der intensiv an einem neuen Werk arbeitet. Von Josef Dabernig stammt "Pastry Friday" (2022), in dem sich Menschen an einem trostlosen Ort in einer Konditorei treffen. Ein Film von Ekaterina Muromtseva mit dem Titel "A Tough Male Portrait" (2019) stellt einen Tennistrainer, der plötzlich beschließt, Künstler zu werden und ein Porträt von Wladimir Putin nach dem anderen malt, in den Mittelpunkt.
Spannend ist auch der lang gezogene Raum "Politiker und ihre Subjekte", der Politiker-Porträts auf der einen Seite und auf der anderen Seite genau gegenüber Abbildungen von Menschen aus niederen Schichten zeigt. Auf historische Gewalttaten verweisen eine Büste von Erzherzog Johann mit Einschussloch in der Stirnmitte sowie ein großes, gefühlvoll-kitschiges Gemäde von Kronprinz Rudolf auf den Totenbett. Die Ausstellung bietet damit auch die Möglichkeit, viele noch nie gezeigte Schätze der Neuen Galerie zu sehen und andere in neuem Kontext wieder zu sehen.