Was ist los in Graz

Neues Konzept im Trachtensaal des Grazer Volkskundemuseums

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Mit dem Hüllen des Trachtensaals in ein neues "Kleid" und einen wissenschaftlichen Kontext ist die mehrstufige Neugestaltung des Grazer Volkskundemuseums beendet. Die jahrzehntelange, verstaubte Präsentation war als problematisch zu betrachten, denn der Hintergrund der Entstehung im Ständestaat und während des NS-Regimes war unkommentiert geblieben. Kulturreferent und LH Christopher Drexler (ÖVP) zeigte sich bei einer Presseführung am Dienstag angetan: "Ein Mehrgewinn".

Besondere Zeitkapsel

Das Volkskundemuseum in der Grazer Paulustorgasse beherbergt einen der wenigen noch erhaltenen "Trachtensäle" aus den späten 1930er-Jahren. Der bekannte steirische - deutschnational, aber nicht nationalsozialistisch eingestellte - Volkskundler Viktor Geramb (1884-1958) hatte 1936 mit dem Aufbau der Trachtensammlung begonnen. Dem Gründer des Heimatwerks, der nicht antisemitisch gesinnt war, sind der Tiroler Hans Mauracher, illegales NSDAP-Mitglied, und der Grazer Bildhauer Alexander Silveri (Steiermärkischer Kunstverein Werkbund) zur Hand gegangen. Sie schufen die Figuren, für etwa die Hälfte davon fertigte Marietta Maieritsch unter Gerambs Anleitung die Kleidung, die restliche Textil- und Lederstücke kamen aus der hauseigenen Sammlung oder wurden neu gekauft.

Laut Kuratorin Birgit Johler wurde der Trachtensaal - "eine besondere Zeitkapsel" - zum letzten Mal in den 1980er Jahren verändert. Die Präsentation habe weitgehend wie ein "Museum im Museum" gewirkt, eine Illustration der gesellschaftlichen und politischen Vorstellungen der 1930er Jahre im Ständestaat und - nach dem Anschluss Österreichs - des NS-Regimes. "Es handelt sich um eine dreidimensionale Dokumentation österreichischer Zeitgeschichte", sagte Johler. Die ursprünglichen Beschriftungen und Geschichten der Figuren ("Obersteirischer Jäger", "Ausseer Bürger") wurden belassen, aber mittels Tafeln und QR-Codes erläutert und in einen Kontext gesetzt - dringend erforderlich etwa bei der Darstellung slowenischer Bauern aus der Untersteiermark ("Stajerska"): Diese sind laut Johler im Gegensatz zu den anderen, durchaus bunt gekleideten Figuren in weißem Gewand, als einzige der Holzfigurinen barfuß dargestellt. In der Tracht des edlen Wildschützen bzw. steirischen Bürgers hingegen wurden den Figuren die Züge Silveris bzw. Gerambs oder Maurachers verliehen.

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Wissenschaftliche Vermittlung im Trachtensaal

LH und Kulturreferent Drexler zeigte sich von der Umgestaltung angetan. "Die frühere Gestaltung ließ einen ja ratlos zurück, wie in einem konservierten Raum. Der Besucher wird nun nicht mehr allein gelassen mit der bloßen Präsentation der Tracht. In diesem Raum gibt es nun eine wissenschaftliche Vermittlung des Themas, toll!" Claudia Unger, Leiterin der Abteilung Volkskunde im Universalmuseum Joanneum, sprach von dem nun neu gestalteten Trachtensaal als letztem Puzzleteil in der zwei Jahre dauernden baulichen und inhaltlichen Neuaufstellung des Volkskundemuseums am Fuße des Schloßbergs.

Ergänzt wurde die Schau im Trachtensaal durch ein Video von Masoud Razavy Pour, dessen drei Bildschirme wie ein Fenster auf die Paulustorgasse wirken, mit Darstellungen moderner Tracht, aufgenommen u. a. am Rande des Brauchtumsfests "Aufsteirern" in Graz. Hier wird besonders der Wandel der Tracht von feststehender Identität bis zur heutigen bunten Tragemischung samt Jeansjacken und Sneakers deutlich. An einer Wand des Trachtensaals hat der Künstler Franz Konrad ein meterlanges Wandbild geschaffen, das auf die komplexen Verflechtungen von Produktionsmethoden, internationalem Austausch und vergessene Wahrheiten aufmerksam macht. Die angebliche steirische Ur-Feldfrucht, der Ölkürbis, hat seine Heimat ja in Mexiko.