Trotz Vorwürfe: Brucknerhaus Linz feiert 50er
Das Linzer Brucknerhaus wird 50. Die Feierlichkeiten dauern zwei Tage, mit zwei großen Orchesterkonzerten, einer zeitgenössischen Uraufführung, einer Jubiläumsausstellung und einem Festakt samt Politprominenz. Ob allen Beteiligten wirklich zum Feiern zumute ist, darf allerdings bezweifelt werden. Zu groß waren die Wellen, die Compliance-Vorwürfe gegen den deshalb freigestellten Intendanten Dietmar Kerschbaum in den vergangenen Tagen in dem Konzerthaus an der Donau schlugen.
Anschuldigungen gegen Intendant Kerschbaum
Ein "Falter"-Bericht hatte Anfang der Vorwoche zahlreiche Anschuldigungen gegen Kerschbaum - er ist zugleich künstlerischer Leiter der Linzer Veranstaltungsgesellschaft (LIVA) - aufgebracht. Er soll demnach fragwürdige In-sich-Geschäfte abgeschlossen und die Programmgestaltung an einen Agenten vergeben haben, der selber potenzielle Künstler für das Konzerthaus betreue. Die Rolle seiner Consulting-Firma und das Hearing zu seiner Bestellung werfen ebenfalls Fragen auf. Kerschbaum selbst wies sämtliche Vorwürfe zurück. Er und sein kaufmännischer Geschäftsführer Rainer Stadler, der ohnehin im April in Pension geht, wurden vom Aufsichtsrat per sofort freigestellt. Letzterer muss sich allerdings auch die Frage gefallen lassen muss, ob er zu lange weggesehen hat.
Besonders ungünstig: Die Affäre fällt mitten in das 50-Jahr-Jubiläum des Brucknerhauses, das man eigentlich groß feiern wollte. Als Gastgeber fungiert nun der neue kaufmännische Geschäftsführer Rene Esterbauer. Dem 39-Jährigen - er verantwortete davor beispielsweise das Marketing für den ersten Red Bull Grand Prix in Spielberg und wechselte später in die Chefetage der KTM Motohall - fehlt aber ein künstlerischer Leiter.
Bruckner-Feierlichkeiten gehen weiter
Die Feierlichkeiten finden ungeachtet dessen statt: Wie bereits bei der Eröffnung 1974, damals unter Herbert von Karajan, spielen die Wiener Philharmoniker Anton Bruckners 7. Sinfonie, diesmal dirigiert von Zubin Mehta. Bereits Freitagabend gratuliert das Bruckner Orchester Linz unter Markus Poschner mit Beethovens Achter und einer Uraufführung des zeitgenössischen Stücks "Letters" aus der Feder des oberösterreichischen Komponisten Rudolf Jungwirth. Zum Festakt am Samstag hat sich auch Politprominenz angesagt, Bundespräsident Alexander Van der Bellen schickt eine Videobotschaft.
Bereits in den 1930er-Jahren war in der einst auf Industrie konzentrierten Stadt der Wunsch da, sich als Kulturmetropole zu positionieren. In den Fünfzigern musste bei größeren philharmonischen Konzerten in den Turnsaal einer Schule oder in die Linzer Straßenbahnremise ausgewichen werden. 1960 kam es zum politischen Grundsatzbeschluss für einen Neubau. Als Standort wurde das Park-Grundstück an der Donau zwischen der Nibelungen- und der Eisenbahnbrücke bestimmt. Bis zur Grundsteinlegung dauerte es freilich noch neun Jahre. Die Planung wurde dem finnischen Architekten Heiki Siren und seiner Frau Kaija anvertraut. Mit seiner markanten Glasfront, die den Blick auf die Donau und bis zum Pöstlingberg freigibt, wurde das Brucknerhaus zu einem städtischen Wahrzeichen - mit schlichtem Inneren, aber hochgelobter Akustik.