Bellaria Kino kämpft weiterhin mit Verzögerungen
Eigentlich sollten im altehrwürdigen Wiener Bellaria Kino schon längst wieder Filme über die Leinwand flimmern und sich Popcorngeruch breitmachen. Schon mit Ende des Vorjahres wollte das Team rund um Votiv-Kino-Chef Michael Stejskal das 2019 geschlossene Traditionshaus wiederbeleben. Doch das mit Mitteln der Stadt und einer Crowdfunding-Kampagne unterstützte Projekt kämpft mit massiven Verzögerungen. Nun hofft Stejskal auf eine Eröffnung "spätestens im nächsten Frühjahr".
Baustelle ins Stocken geraten
135.000 Euro hat der Initiator im April 2022 mittels privatem Spendenaufruf auf die Beine gestellt. Dazu kommt noch eine Subventionszusage des Rathauses in Höhe von 100.000 Euro. Das Geld ist - gemeinsam mit Eigenmitteln - dazu gedacht, das Lichtspielhaus hinter dem Volkstheater, das nach 107 Jahren seine Pforten schließen musste, einer Komplettrenovierung samt Schallschutz, neuer Lüftungsanlage sowie neuer Projektionstechnik und Bestuhlung zu unterziehen. Doch der Fortgang auf der Baustelle ist aus mehreren Gründen ins Stocken geraten.
Stejskal verwies auf APA-Anfrage auf eine unglückliche Verzahnung von Umständen. Einerseits habe sich die räumliche Situation als komplexer als ursprünglich gedacht herausgestellt. Damit seien die Erfordernisse an die Schallschutzmaßnahmen und die Kinotechnik deutlich gestiegen. Andererseits habe es Lieferschwierigkeiten bezüglich Projektionsanlage gegeben. "Das hat Umplanungen nötig gemacht und Verzögerungen ergeben", bedauerte der künftige Bellaria-Betreiber. Dazu kommen noch "komplizierte Eigentumsverhältnisse" im Haus, in dem das Kino untergebracht ist, was die Umbauarbeiten vor allem in Bezug auf die Lüftungstechnik auch nicht unbedingt leichter macht.
Lüftung als Knackpunkt
In einem am Montag verschickten Newsletter an die Crowdfunder geht das Team ebenfalls auf die erwähnten Probleme ein. Im Sommer sei man überzeugt gewesen, "im Herbst endlich eröffnen zu können". Trotz einiger gelöster Schwierigkeiten sei die Lüftung allerdings nach wie vor der Knackpunkt. "Lüftungsgerät und Lüftungskanäle sind seit langem geliefert und teilweise auch eingebaut. Unser Konzept, auf der bestehenden Benützungsbewilligung aufzubauen, war die plausibelste aller Lösungen und hatte auch die Zustimmung unserer Vermieter*innen. Letztlich ist es uns aber nicht gelungen, einen konfliktfreien Weg mit allen Eigentümer*innen im Haus dafür zu finden", heißt es in der Mitteilung, die der APA vorliegt.
Nach "mehreren zeitraubenden Zwischenschritten" habe man sich daher jetzt entschlossen, die Zuluft- und Abluftanlage im Hof nochmals umzuplanen. "Das ist zwar baulich aufwendig, macht ein Neuansuchen nötig und kostet nochmals Zeit, gewährleistet aber den bisher fehlenden allseitigen Konsens. Damit wird der gordische Knoten dann endlich durchschlagen sein", zeigen sich die Betreiber zuversichtlich. Sobald dies der Fall sei, "können wir zügig mit dem Einbau der Projektion, der Bestuhlung und der Bar fortfahren".
Goodies gegen Gutscheine
Im Schreiben an die Unterstützerinnen und Unterstützer ist außerdem von "beträchtlichen Eigenmitteln" die Rede, die infolge der Umstände zusätzlich investiert würden, "um endlich ans Ziel zu kommen". Wie hoch diese sind, lasse sich derzeit nicht beantworten, hieß es auf APA-Nachfrage. Für ungeduldige Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Crowdfundingaktion gibt es jedenfalls das Angebot, dass die im Rahmen der Unterstützung gekauften Goodies gegen Gutscheine für das Votiv Kino, das Kino de France oder das Cafe Liebling (Standort Volkstheater) eingelöst werden können.
Inhaltlich schwebt dem Betreiberteam, dem neben Stejskal auch die Gastronomen Moritz Baier und Daniel Botros vom Cafe Liebling angehören, ein Potpourri aus Filmklassikern, jungem österreichischem Kino und Spezialreihen vor. Der umgebaute Gastrobereich soll ein gemütliches Lokal werden, das über die Spielzeiten hinaus geöffnet hat.
125 Jahren Wiener Kinogeschichte
Cineastinnen und Cineasten, die die Eröffnung nicht mehr erwarten können, werden mitunter dank zweier Neuerscheinungen etwas Trost bzw. Zeitvertreib finden. Im Verlag des Filmarchivs Austria sind kürzlich nämlich die beiden letzten Bände der insgesamt rund 1.600 Seiten starken Tetralogie "Die Wiener Kinos" herausgekommen, die die bunte und umfangreiche Geschichte der städtischen Lichtspielhäuser von 1896 und 2022 dokumentiert.
Nachdem die ersten beiden Bände die Kinolandschaft innerhalb des Gürtels beleuchtet haben, geht man mit den Bänden 3 (Bezirke 10 bis 16) und 4 (Bezirke 16 bis 23) nun in die Vorstadt. Das Autorenduo Florian Pauer und Thomas Jelinek hat abermals unzählige Fakten über die vielfach längst verschwundenen Filmpaläste und Grätzelkinos zusammengetragen und dabei u.a. erstmals auch sämtliche Arisierungen recherchiert. Darüber hinaus warten die publizistischen Schwergewichte, die allerdings mit je 49,90 Euro nicht unbedingt zum Schnäppchenpreis zu haben sind, erneut mit Hunderten, teils bisher unveröffentlichten Fotos auf und erinnern damit an viele Vorführstätten aus 125 Jahren Wiener Kinogeschichte, die ansonsten wohl dem Vergessen anheim gefallen wären.