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Tinte und Kaffee: Sperrstund is' - Das Kaffeehaus und der Anschluss

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Cafe Landtmann
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Die Blütezeit der klassischen Wiener Kaffeehauskultur und –literatur dauerte genau bis zum März 1938 – als mit dem „Anschluss“ der „Ostmark“ an das Deutsche Reich auch die neue Kultur der Unkultur in Wien ihren Einzug hielt.

Die Vorzeichen konnte man allerdings schon Jahrzehnte früher erahnen. Und die Nachwirkungen spüren wir bis heute: damals begann das Kaffeehaus-Sterben, das noch immer nicht sein Ende gefunden hat – jüngstes Beispiel: die Umwandlung des Café Griensteidl in einen Supermarkt...

Die Stammgäste der Kaffeehäuser – die literarischen, künstlerischen, intellektuellen, politischen, die jüdischen und die nichtjüdischen – wurden vertrieben oder umgebracht, verließen „freiwillig“ das Land oder kamen aus anderen Gründen nicht mehr ins Café. Die Kaffeehäuser selber wurden „arisiert“ – enteignet und „judenfrei“ gemacht. Die meisten mussten daraufhin aber früher oder später schließen – es fehlten eben die Stammgäste...

„Sperrstund is‘“, hatte Jimmy Berg in einem berühmten Liedtext über das Wiener Kaffeehaus, populär gemacht durch Hans Moser, noch ein paar Jahre zuvor gedichtet – bevor er dann selber nach Amerika flüchten musste. Hier, wie in den andern Exilländern, versuchten die Emigranten, so gut es eben möglich war, doch wieder so etwas wie eine Wiener Kaffeehauskultur ins Leben zu rufen. Und in Wien selbst gab es auch immer noch die Untergrund-Kaffeehäuser, wo Flüsterwitze die Runde machten, und wo Dissidenten und „U-Boote“ sich heimlich trafen und den Widerstand zu organisieren versuchten.

Nur zögerlich kehrte nach dem Ende des Dritten Reichs wieder Leben in die Wiener Kaffeehäuser ein. Die wenigen zurückkehrenden ehemaligen Stammgäste wurden scheel beäugt, man wollte eben nicht gern an die „finsteren Zeiten“ erinnert werden. Und die Verhandlungen über die Rückgabe der enteigneten Lokale zogen sich noch über Jahrzehnte hin, oft bis die ehemaligen Besitzer oder deren Erben entnervt das Handtuch warfen. In der Zwischenzeit waren viele ehemalige Prachtcafés an der Ringstraße schon zu Autosalons mutiert.

Aus Zeitzeugen- und Zeitungsberichten und literarischen Bearbeitungen von Autoren wie Friedrich Torberg, Anton Kuh, Gina Kaus, Veza Canetti, Alfred Polgar, Soma Morgenstern, Hugo Bettauer, Hilde Spiel und vielen anderen ergibt sich mosaikartig das Panorama einer Zeit, in der Intoleranz, kulturelles Desinteresse und die Furcht vor allem angeblich „Fremden“ innerhalb weniger Jahre zum Untergang einer typisch wienerisch-österreichischen Tradition geführt haben, die heutzutage – um wenigstens die letzten Überbleibsel noch zu schützen – in die UNESCO-Weltkulturerbeliste aufgenommen worden ist.