"The P Word": Liebe zwischen Rassismus und Homophobie
Es wäre viel zu simple, das Stück des britischen Schauspielers und Drehbuchautor Waleed Akhtar als eine Romcom mit Happy End zu bezeichnen. Zwar enthält es eine Prise Bollywood und eine ordentliche Portion schwarzen Humor, doch bereits der Titel "The P Word" (abgeleitet von dem abwertenden Begriff "Paki", mit dem in England Menschen mit pakistanischen Wurzeln bezeichnet werden) lässt das Kernthema – Rassismus und Diskriminierung – erahnen.
Auf der Bühne des Theaters Drachengasse stehen zwei Männer, Billy (Raj Garcha) und Zafar (Diljohn Singh), die abwechselnd Geschichten aus ihrem Leben erzählen. Während sich Billy – eigentlich Bilal – für seine pakistanische Herkunft schämt, kämpft Zafar, der aus Pakistan aufgrund seiner Sexualität flüchten musste, um einen Aufenthaltstitel in England. Dass die beiden in zwei völlig verschiedenen Welten leben, liegt auf der Hand.
Zwischen Identität und Asyl
Billy, der in Großbritannien geboren wurde, fragt sich, warum seine Eltern ihm nicht einen landestypischen Namen wie Adam oder Daniel gegeben haben, um nicht ständig auf seine Herkunft reduziert zu werden. Bereits in der Schule wurde er wegen seiner Hautfarbe, seines Gewichts und seiner sexuellen Orientierung gemobbt. Er mutiert zum fitnesssüchtigen, Grindr-abhängigen Snob, der nie mit pakistanischen Männern schlafen würde und ausschließlich Ausschau nach White Men hält.
Zafar, der im Gegensatz zu Billy bereits verliebt war, schlägt sich mit anderen Traumata herum: Sein Partner wurde in Pakistan ermordet, ihm droht das gleiche Schicksal, er sollte in sein Dorf in der Nähe von Lahore abgeschoben werden. Immer wieder muss Zafar vor Behörden seine Flucht schildern, mit allen Details, Bildern und Videos, um die Glaubhaftigkeit seiner Story zu untermauern. Dem Protagonisten wird vorgeworfen, nicht "schwul genug" zu gehen, er müsse sich mehr in die LGBTQIA-Community integrieren. Damit zeigt Autor Waleed Akhtar die problematische Lage von queeren Asylsuchenden in Großbritannien auf.
Wege, die sich kreuzen
Die erste Hälfte des Stücks unter der Regie von Joanna Godwin-Seidl baut die Begegnung von Billy und Zafar langsam auf. Das Scheinwerferlicht, das auf den jeweiligen Erzählenden gerichtet ist, trennt die beiden anfangs wie eine unsichtbare Mauer. Schließlich treffen die zwei Männer in einer Disco aufeinander: Billy flirtet mit einem potenziellen Liebhaber, Zafar wiederum sucht seine LGBTQIA-Gruppe aus dem Asylheim.
Ein Meet-cute Marke Hollywood gibt es vorerst nicht, da Billy Zafar zu verstehen gibt, dass er nichts mit Pakistanis zu tun haben möchte. Doch nachdem ihn Zafar betrunken nach Hause schleppt und ihm ein Frühstück zubereitet, scheint Billys Herz aufzutauen. Das Stück gewinnt nach der Interaktion der beiden an Schwung und Intensität, die Dialoge ziehen mit Themen wie Religion, Identität und Homophobie das Publikum in ihren Bann. Während Billy das größte Übel im Islam sieht, weist ihn Zafar zurecht: Die Religion sei nicht das Problem, es gäbe etliche homosexuelle Muslim:innen, die die Verse des Korans anders interpretieren.
Die Wende
Durch die Freundschaft mit Zafar findet Billy zu mehr Mut für seine Identität: Er möchte das muslimische Fest Eid feiern, das traditionelle Gewand tragen und pakistanische Serien schauen. Billys Wandel scheint ein wenig abrupt zu kommen, doch die Geschichte verliert dabei nicht an Glaubwürdigkeit. Billy erzählt von seiner Familie und den Wunsch seiner Mutter, dass er auch eines Tages eine "richtige Familie" gründen und Kinder haben soll. Ihm sei bewusst, dass er von seinen Familienmitgliedern toleriert werde, weshalb er nur sporadischen Kontakt hält. Auch hier weist Waleed Akhtar auf die Ausgrenzung von queeren Menschen hin.
Dem Publikum wird trotz aller Umstände ein Bollywood-Ende beschert. Doch mit bitterem Beigeschmack: Schauspieler Diljohn Singh, der Zafar reißt die Zuschauer:innen am Schluss nochmals aus der emotionalen Achterbahnfahrt heraus und zählt reale Namen auf, die aufgrund ihrer sexuellen Orientierung nach wie vor auf der Flucht sind, getötet oder in ihre Heimat abgeschoben wurden.
Für das knapp eineinhalbstündige Stück wurden einige bedeutsame Themen nur oberflächlich angerissen, wo es hier und noch an Tiefe gebraucht hätte. Dennoch wurde genügend Raum gelassen, um Problematiken wie Rassismus in der Gay-Community, Diskriminierung und die damit einhergehende Identitätsproblematik aufzuarbeiten. Verdienter Applaus auf für die beiden Darsteller, die es nur zu zweit auf der Bühne schaffen, das Publikum durch die höchst Emotionale Geschichte zu führen.
"The P Word" wird bis zum 9. Dezember im Theater Drachengasse gezeigt.