Kabarettist Alex Kristan im Interview.

© Stefan Gergely

Kabarett Österreich

Alex Kristan: "Humor und Kabarett sind systemrelevant"

Der Österreichische Kabarettpreis in der Kategorie "Hauptpreis" geht heuer an Alex Kristan. Der vor allem für seine Stimmimitationen bekannte Komiker überzeugte die Jury in seinem aktuellen Programm "50 Shades of Schmäh" mit "souveräner Bühnenpräsenz" und "präzisen Beobachtungen des Alltags", wie es heißt.

Im Gespräch mit events.at verriet der heimische Künstler, warum er in seinem Programm bewusst politische Inhalte ausklammert – und welche Wichtigkeit dem Humor in unserer Gesellschaft zukommt.

Wie hast du dich gefühlt, als du von deinem Preissieg erfahren hast?

Ich hab mich, im wahrsten Sinne des Wortes, „ausgezeichnet“ gefühlt. Es ist natürlich eine Ehre. Man reiht sich damit in eine sehr honorige Reihe an Vorgängern ein, die Kabarettspitze des Landes hat diesen Preis bereits bekommen. Dass ich mich hier nun auch einreihen darf, freut mich ganz besonders.

Bedeutet der Preis vielleicht auch Veränderungen für dich?

Ich glaube nicht. Ich denke, die Arbeit der letzten 20 Jahre hat am Ende des Tages ja auch dorthin geführt, dass man mich für preiswürdig erachtet (schmunzelt). Mein Rezept war scheinbar das richtige, das werde ich also beibehalten.

Heuer gibt es auch erstmals einen Online-Preis. Wie verortest du diese neue Form der Bühnenpräsenz auf Social Media und Co.?

Ich finde das super, weil auch der Humor stets mit der Zeit gehen muss. Ich arbeite ja selbst viel mit Online-Content und merke, was das für einen unglaublichen viralen Effekt haben kann. Wir sind mittlerweile alle vernetzt, man kann humoristischen Content heute überall konsumieren. Da braucht es natürlich auch jemanden, der diesen liefert. Das finde ich absolut preiswürdig.

Warum wurde dein aktuelles Programm deiner Meinung nach ausgezeichnet für den Hauptpreis?

Gute Frage, die man wohl eher an die Jury richten müsste (lacht). Vielleicht, weil es doch auch ein bisschen den Zeitgeist trifft. Ich widme mich dem Thema Humor im Sinne des Zugangs. Der Titel lautet ja "50 Shades Of Schmäh", er spielt natürlich ein bisschen mit dem Filmtitel. Es ist aber nur angelehnt daran und hat natürlich nix mit SM zu tun, sondern eben mit den verschiedenen Schattierungen des Humors innerhalb der Gesellschaft. Das ist die Quintessenz des Programms – und natürlich auch mein 50. Geburtstag.

Wir haben also die Facetten des Humors – findet die Politik auch Platz in deinem Programm?

Tatsächlich umschiffe ich die Untiefen der Politik möglichst in meinen Programmen, die will ich mir aus psycho-hygienischen Gründen einfach nicht zumuten. Um Polit-Satire in Österreich wirklich profund für das Publikum servieren zu können, muss man sich massiv mit der Materie auseinandersetzen. Angesichts der aktuellen politischen Ereignisse in Österreich entscheide ich mich bewusst dagegen. Um es auf einen Punkt zu bringen: Ich will schließlich Spaß an meiner Arbeit haben.

Was also servierst du deinen Zuschauer:innen stattdessen noch alles?

Mein Zugang ist, dass ich eine Mischung aus unbeschwertem Lachen und ein paar Denkanstößen liefern möchte. Wozu braucht man 2022 zum Beispiel eine Fußball-WM in Katar? Solche Themen greife ich gerne satirisch auf. Auch spiele ich mit Metaphern zum Thema Älterwerden – was ändert sich im Leben alles mit 50?

Mit welchem Gefühl willst du dein Publikum nachhause schicken?

Unterm Strich möchte ich, dass die Leute in den zwei Stunden ihren eigenen Alltag ein wenig ausblenden konnten. Ich glaube, in Zeiten wie diesen ist es auch wichtig, dem Publikum nicht zu schwere Kost zu servieren, denn es gibt ohnehin jeden Tag so viele äußere Einflüsse, die man unfreiwillig verarbeiten muss. Meiner Meinung herrscht jetzt eher die Devise, dass die Leute bei einem Programm einfach lachen wollen. Nach zwei Jahren Pandemie, zwei Jahren Ausgangssperren, nach traurigen News aus der Ukraine, die aktuellen politischen Entwicklungen in Europa, …

All diese Dinge verunsichern die Menschen sehr, und da kann Humor eine wichtige Hilfestellung leisten, gerade nach diesen über zwei Jahren gesellschaftlicher Splittung: Humor bzw. Kabarett kann man daher durchaus als systemrelevant in einer post-coronalen Zeit bezeichnen, da Menschen dadurch wieder zusammengeführt werden, indem man sie gemeinsam lachen lässt. Und genau das möchte ich tun.

Bekommst du es live mit, dass die Menschen diese Gelegenheit dankbarer aufnehmen als früher?

Definitiv. Das bekomme ich auch immer wieder als Feedback nach den Vorstellungen: „Endlich mal zwei Stunden lang ohne diesen Kübel an Bad News, den man eh sofort wieder drübergeschüttet bekommt.“ Was nicht heißt, dass mein Programm nur leichte Kost ist, aber einfach eine andere Art von Humor. Und ich glaube, nach diesen zweieinhalb Jahren brauchen die Leute das dringender als je zuvor. Denn je schwieriger die Zeiten sind, desto höhere Konjunktur hat das Lachen. Humor hilft einfach dabei, absurd schwere Phasen im Leben ein bisschen erträglicher zu machen.

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