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© Künstlerhaus Archiv

Dispossession

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Öffnungszeiten:

Mo: 10:00 - 18:00 Uhr
Di: 10:00 - 18:00 Uhr
Mi: 10:00 - 18:00 Uhr
Do: 10:00 - 18:00 Uhr
Fr: 10:00 - 18:00 Uhr
Sa: 10:00 - 18:00 Uhr
So: 10:00 - 18:00 Uhr

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Die Ausstellungstellt eine Frage, die auch unmittelbar die Künstlervereinigung und ihr historisches Ausstellungshaus, das Künstlerhaus, betrifft.

Diese Frage kreist um das Selbstverständnis einer Kunstinstitution, die seit ihrer Gründung Kriterien entwickelte, die die Zugehörigkeit zur Standesvertretung regelte. Eingesetzt von staatlicher Stelle um die Frage, wer, warum, Kunst machte, handhabbar zu regeln, konnte sie Privilegien, Vorschläge für Professuren, Stipendien, Preise und große staatliche Aufträge vergeben. Es oblag der Institution und ihren jeweiligen Persönlichkeiten, die Zugehörigkeit selbst immer wieder zu definieren und zu exekutieren.

So waren Frauen in den Statuten nicht ausgeschlossen, ihnen ihre Eignung als Künstlerin abzusprechen wurde 100 Jahre lang dennoch intern argumentiert, wie man in den Sitzungsprotokollen anhand jedes Aufnahmegesuchs von Frauen nachlesen kann.
In der Geschichte des Hauses mit seinen Ehrengerichtsverfahren und Gremien stellt der Ausschluss aller jüdischen Mitglieder 1938 keinen institutionellen, jedoch einen großen inhaltlichen Bruch mit den immer wieder betonten Paradigmen der Kameradschaftlichkeit und Solidarität dar. Ohne dokumentiertes Bedauern wurde ein Drittel aller Mitglieder ihren, teilweise direkt in die Vernichtungslager führenden, Schicksalen überlassen. Der Eindruck drängt sich auf, dass sich die Mehrzahl der Künstler ob der neuen Möglichkeiten freuten, auch zeigt die fast voreilige Durchsetzung des Ausschlusses, dass diesem Geist bereits über lange Jahre zugearbeitet worden war. Nach dem Ende der nationalsozialistischen Herrschaft in Österreich gibt es jedenfalls keine nachlesbaren Bemühungen sich nach dem Verbleib und dem Befinden der Ausgeschlossenen auch nur zu erkundigen, geschweige denn, diesen Ausschluss aufzuarbeiten. Die beschworene Solidarität richtet sich stattdessen auf Hilfestellungen für die bekannten und nun nicht mehr so offen agierenden Profiteure einer nationalsozialistischen Kunstpraxis.

Dieses trübe Bild erscheint nur solange generisch, solange man in ihm nicht auch die Behauptung eines Künstlerbilds sieht, das die gesamte Nachkriegsgeschichte bis heute durchzieht. Der konsequenten Diffamierung von "amateurhaften", "dilettantischen" "Kritzelvereinen" zugunsten eines männlich heroischen Einzelkünstlers vor dessen Augen Landschaft, nackte Frauen und heroische Männer zum gestaltbaren Material wird, durchzieht nicht nur die Dokumente der Künstlerhaus Vereinigung, sondern auch unsere von ihm ausgestaltete Umwelt: in den Sammlungen der Stadt, auf ihren öffentlichen Plätzen und Fassaden ihrer Häuser. Dies umfasst auch alles, was wir nicht zu sehen bekommen, weil die potentiellen Schöpfer*innen konsequent nicht zu unserer Repräsentation herangezogen wurden, sie pauperisiert, enteignet, vertrieben oder getötet, die bestehenden Sammlungen geplündert und die existierenden Zeichen zerstört wurden.
Die Aufteilung des heute bestehenden Raums, entlang der Definition einiger weniger, die darüber jurierten, wer wie darin als weiterhin Lehrender, als Gestalter der neuen Repräsentationsräume und des öffentlichen Raums wirken durfte, ist eine zentrale Frage der Ausstellung Dispossession.

Kuratiert von Arienne Müller

Künstler*innen
Linda Bilda, Stephan Janitzky, Anita Leisz, Sophie Lillie & & Arye Wachsmuth, Henrik Olesen