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© Wiener Staatsoper GmbH / Michael Pöhn

Theater

Don Giovanni

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Dieses Meisterwerk aus der Feder Mozarts und dem kongenialen Librettisten Da Ponte um den Frauenverführer, dem plötzlich keine Eroberung mehr glücken will, zählt nicht umsonst seit der Uraufführung zu den beliebtesten Werken des Komponisten.

Don Juan ist eine Figur der Grenzüberschreitung: der Grenze zwischen den Geschlechtern, der Grenze zwischen den Klassen und der Grenze von Leben und Tod, denn er macht auch vor Friedhofsmauern nicht Halt. 2065 Frauen soll er bereits geliebt haben, 1003 allein in Spanien, 640 in Italien, 231 in Deutschland und 100 in Frankreich. Aber nicht nur im christlichen Abendland hat er gewildert: 91 sind es in der Türkei (sein Diener führt hierüber genau Buch).

In den europäischen Literaturen ist er seit der Gegenreformation unterwegs, als um 1620 ein spanischer Mönch seine Legende in der Comedia Der Spötter von Sevilla und der steinerne Gast festhält. Rasch dringt er in die Spielvorlagen der italienischen Commedia dell’arte ebenso ein wie in die klassische französische Komödie. In Prag verleihen ihm Mozart und da Ponte seine wirkungsmächtigste Gestalt: Dort wird 1787 ihre Oper Don Giovanni oder Der bestrafte Wüstling uraufgeführt. Die Gleichzeitigkeit von Elementen der Farce, der komischen und der tragischen Oper, von niederem und hohem Stil, Sinfonik und Sakralmusik führt in grenzüberschreitendes Neuland bis hin zur rhythmischen Kakophonie des 1. Akt-Finales, bei der drei Tanzkapellen gleichzeitig spielen, und zu Passagen, in denen die Chromatik bis in zwölftönige Strukturen getrieben ist. Zwischen all diesen Sprachen ist Giovanni unterwegs, er selbst hat keine eigene Musik, da er sich zur Projektionsfläche der Frauen macht, die er begehrt: der in strenger väterlicher Obhut erzogenen Donna Anna, die in ihm das Abenteuer sucht; der allen Bindungen entflohenen Donna Elvira, die sich emotionale Stabilität erhofft; des Unterschichtenmädchens Zerlina, das in seinen Armen vom sozialen Aufstieg träumt.

Die labyrinthische Szenenfolge der Oper wird verklammert durch den Mord Giovannis an dem Vater der Donna Anna und der Wiederkehr des Toten als »steinerner Gast«. In der katholischen Comedia bettelte Giovanni, als er sein Ende nahen fühlte, vergebens darum, die Beichte ablegen zu dürfen. In der Oper ist es der steinerne Gast, der den Rebellen vor ewiger Verdammnis bewahren will, indem er ihn beschwört, doch noch zu bereuen – was dieser verweigert. So bleibt es trotz des Höllensturzes fraglich, wer in diesem Duell der Unterlegene ist, denn der intellektuelle Trotz Giovannis ist ungebrochen. Mit dieser Neuinszenierung startet die Wiener Staatsoper einen Mozart-Da Ponte-Zyklus unter der Leitung ihres Musikalischen Direktors Philippe Jordan und in der Regie von Barrie Kosky.