© Susanne Hassler Smith

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Engel in Amerika

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Tony Kushner verfasste sein Theater-Epos ENGEL IN AMERIKA in den frühen 1990er Jahren im Rückblick auf die Ära Ronald Reagan, und er wurde dafür mit dem Pulitzerpreis ausgezeichnet. Heute ist es eines der wenigen ikonischen Stücke für die queere Community, das auch außerhalb ihrer Sphären eine nachhaltige Erfolgsgeschichte vorweisen kann; seine Figuren sind legendär.

ENGEL IN AMERIKA ist aber weit mehr als nur ein Zeitdokument aus der Frühphase der AIDS-Pandemie. Denn in den 1980er Jahren wurden die politischen Weichen für das 21. Jahrhundert auf Neoliberalismus gestellt, und der Kampf der Schwulenbewegung für Anerkennung nahm neue Fahrt auf. Insofern weisen uns Kushners Figuren weiter auf alles hin, was wir auch vierzig Jahre später in Bezug auf unseren Umgang mit Viren, Kapitalismus und unseren Anspruch an Toleranz und Gleichberechtigung nicht gelöst haben: Prior und Louis, das von tödlicher Krankheit auseinandergetriebene Paar; der ultrakapitalistische Anwalt Roy M. Cohn, der lieber eine Krebserkrankung erfindet als zuzugeben, dass er AIDS hat; der Mormone Joe Pitt, der zwischen den Dogmen seiner Religion und verdrängter Homosexualität aufgerieben wird; die ehemalige Dragqueen Belize, die als Priors bester Freund zu Louis’ größtem Kritiker wird – und über allen schwebt ein Engel, eine Vision von Prior im Todeskampf, der daran erinnert, dass es hin und wieder lohnt, von den Menschen abzusehen: „Sieh nach oben! / Sieh nach oben! / Bereite den Weg…“

Zum Jubiläum knapp dreißig Jahre nach der Uraufführung erarbeitet der amerikanische Regisseur Daniel Kramer eine Neuinszenierung des Stücks für das Akademietheater.