© Marcel Urlaub

Theater

Faust - im Volkstheater

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Mit Audiodeskription für blinde und sehbehinderte Menschen. Infos unter https://theater4all.at/.

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„In der Fotografie ist, wie anderswo auch, der Augenblick seine eigene Frage und gleichzeitig seine Antwort.“ Henri Carter-Bresson

„Was bin denn ich selbst? Was habe ich denn gemacht? Ich sammelte und benutzte alles was mir vor Augen, vor Ohren, vor die Sinne kam. Zu meinen Werken haben Tausende von Einzelwesen das ihrige beigetragen, sie alle kamen und brachten mir ihre Gedanken, ihr Können, ihre Erfahrungen; so erntete ich oft, was andere gesäet. Mein Lebenswerk ist das eines Kollektivwesens, und dies Werk trägt den Namen Goethe.“ (Goethe 1832, wenige Wochen vor seinem Tod)

Das Kollektivwesen Goethe bringt all die Vielheiten an Gedanken und Erfahrungen in seinem zweiteiligen opus magnum FAUST unter. Zeit seines Lebens, von der Jugend bis ins hohe Alter, arbeitet er an dem Drama, das er als einziges seiner Werke „Tragödie“ nennt. In über 12.000 Versen steht sie da, rätselhaft und hell, sprunghaft und in epischer Weite – eine scheinbar endlose Abfolge von Szenen, Bildern, Figuren, Reflexionen. Was hält diese Tragödie im Innersten zusammen? 
Da ist Faust, der ewig Rastlose, der die Welt als Beute sieht, die Mitmenschen als Manövriermasse und die Zeit als Pfand. Da ist Mephisto, das Gegenprinzip buchstäblich im Schatten Fausts. Da ist Margarete, Gretchen, das Unschuldige und Schöne im Angesicht des Verderbens. Welche Bilder machen wir uns von ihnen, welche Stimmen sprechen durch sie? 
Und da ist das Licht, das durch all die Risse im Schicksal einfällt. Goethe gibt genaue Anweisungen bezüglich der Beleuchtung – der Großteil der Tragödie findet in finsterer Nacht und trüber Dämmerung statt. Zerrissen wird diese Dunkelheit immer wieder durch Feuer, Lichtzeichen, Sonnenaufgänge – wie der Blitz einer Fotografie, der die Gegenwart erhellt und einzufangen versucht. Augenblick, verweile doch. Im Jahr 1928 beschreibt der russische Fotograf Alexander Rodtschenko die Fotografie als „Kampf zwischen Ewigkeit und Augenblick. Mit ihrem Auftreten kann es keine allgemeine unveränderliche Bildnisvorstellung mehr geben. Ein Mensch ist nicht nur eine Einheit, er ist vielgestaltig und dialektisch.“ 

„Am farbigen Abglanz haben wir das Leben.“ Kay Voges inszeniert FAUST als ebendiesen Kampf zwischen Ewigkeit und Augenblick – und verwandelt den Bühnenraum des Volkstheaters dafür zum Lichtraum und zur Dunkelkammer gleichermaßen.