Hannah Zufall & Raymond Blankenhorn: Dänisches Sushi

Als Hans Christian Andersen 1837 sein weltberühmtes Märchen über die kleine Meerjungfrau schrieb, erzählte er eigentlich die Geschichte seiner so unglücklichen wie heimlichen Liebe zu einem Mann. Zurück bleibt ein mythisches Zwitterwesen, das sich mit dem zweifelhaften Schicksal konfrontiert sieht, das ihr der Autor ungefragt auf den Leib gedichtet hat. Seitdem kriecht die Meerjungfrau mit ihrem mehr als unpraktischen Fischschwanz durch die Jahrhunderte und versucht an Land zu gehen. Dabei trifft sie immer wieder auf Menschen, deren Sehnsüchte sie stets auf ihren Opferstatus zurückwerfen: Sie alle feiern ihre Leidensfähigkeit. Doch mit jedem Diskurswasser gewaschen weigert sich die kleine Meerjungfrau bis zum Ende, ihre Stimme fremden Darstellungen unterzuordnen. Das Stück umkreist die Geburt einer überaus erfolgreichen Projektionsfläche und die absurden Wellen, die sie noch immer schlägt. Wie gehen wir heute mit fluiden Figuren um? Welchen Umgang finden wir mit traditionellen Geschlechterbildern? Und wie steht es tatsächlich um den Wunsch nach neuen Geschichten, wenn die alten noch allzu munter im Kielwasser des gegenwärtigen Kanons mitschwimmen?

"Die 1987 geborene Autorin Hannah Zufall hat ihre Diplomarbeit, eine Märcheninszenierung für Erwachsene, mit Auszeichnung abgeschlossen und ihr Handwerk bei Größen wie Thomas Ostermeier und Falk Richter gelernt. Auf künstlerisch hohem Niveau hinterfragt sie […] die archaische Stofflichkeit von Märchen mithilfe moderner Erzählweisen.“ LITLOG

„Hannah Zufall kann Figuren schreiben. Mit Humor erzählt sie Kluges auf verschiedenen Ebenen, bisweilen auch mit Poesie und Lakonie – und ist dabei doch konkret.“ www.focus.de

Der Theatertext Dänisches Sushi war 2020 in der engeren Auswahl für den Chemnitzer Theaterpreis für junge Dramatik und wurde 2021 u.a. in einem Vorabdruck des Schwerpunktes „Dialoge“ in: Metamorphosen 29, Magazin für Literatur und Kultur veröffentlicht.

Besetzung:

Freya von Kant, Sebastian Pass, Zeynep Alan, Patricia Falk, Niko Leit

Regie: Raymond Blankenhorn
Bühne & Puppen: Sándor Márkus
Kostüm: Josefin Kwon 
Musik: Stefan Lorenz Pfeffer
Projektorganisation: Sebastian Klinser

Text. Hannah Zufall