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James T. Hong: Apologies v 2016.2, 2021

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Staatsoberhäupter entschuldigen sich. Beginnend mit Willi Brandt, der 1970 vor dem Denkmal des Warschauer Ghettoaufstandes auf die Knie fiel, bekunden in der Videoarbeit Apologies des taiwanesisch-amerikanischen Filmkünstlers James T. Hong in einem Zusammenschnitt Staatsoberhäupter der ganzen Welt ihr Bedauern. Sie entschuldigen sich in einem symbolischen Akt der Reue für staatlich angeordnete oder sanktionierte Verbrechen. Sie bitten um Verzeihung und beteuern, dass sie alles tun würden, damit solche Gräueltaten nicht mehr passieren können. Jede Rede dauert nur wenige Minuten, dann folgt das nächste Staatsoberhaupt mit der nächsten Entschuldigung, chronologisch geordnet, bis in die jüngste Gegenwart. Manches Staatsoberhaupt ist sichtlich emotional bewegt, manches liest die Entschuldigung scheinbar unbewegt ab. Manche Entschuldigung wirkt ehrlich, manche erzwungen. Manche Staatsoberhäupter wie Barack Obama oder der Papst entschuldigen sich in dem Video mehrmals, manche kommen nur einmal vor.

Die insgesamt über eineinhalb Stunden dauernden Apologies (Entschuldigungen) evozieren Emotionen: Denn während eine Entschuldigung auf die nächste folgt, gehen die Verbrechen weiter – und alles, was folgt, ist die nächste Entschuldigung. Apologies lässt die Betrachtenden an der Menschlichkeit zweifeln und sowohl über politische Verantwortung nachdenken als auch über wohlfeile Entschuldigungen, die den Täterinnen und Tätern oft mehr helfen als den Opfern.

Die Literaturwissenschaftlerin und Auschwitz-Überlebende Ruth Klüger stellte fest: „Man sagt ‚Nie wieder‘ und dann schauen Sie sich mal all die Massaker an, die inzwischen passiert sind. Es ist absurd zu sagen, es soll nicht wieder passieren.“ Aus diesem Grund hat Apologies seinen Platz im Jüdischen Museum Wien. Die Arbeit reflektiert die Ritualhaftigkeit, aber auch die Phrasenhaftigkeit von staatlich inszenierten Reueakten und fragt, wie wir in Zukunft mit erlittenem und viel mehr noch mit begangenem Unrecht umgehen wollen.