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Kultursommer Wien - hanne römer & jörg piringer

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... Die systematische Anordnung, die genaue Bauart fassoniert in ihrer strengen Form die Texte (...). Wie kommt das Mantrahafte, der entwickelte Duktus (...) zustande? Einerseits durch die größtmögliche Aussparung von Personalpronomina, andererseits durch viele grammatikalische Leerstellen auf der Ebene der Syntax. (...) Es ergibt sich etwas, das wie nebenher ans Ohr dringt, wie Sprachfetzen, zum Beispiel in der U-Bahn oder im Zug – nur um ein vielfaches pointierter.“
(Lydia Haider, Literaturhaus Wien)

... Mit IM GRÜNEN hat .aufzeichnensysteme, das aktuelle Pseudonym der Künstlerin Hanne Römer, eines der wichtigsten lyrischen Bücher der letzten Jahre vorgelegt. Erkan Osmanovic hat den auf den ersten Blick recht sperrigen Band für die Leserschaft der MEDIENIMPULSE rezensiert ... Das Buch setzt sich auf offensive und spielerische Art und Weise mit der Sinnstiftung von Texten auseinander. Besser gesagt mit Textelementen wie Worten, Sätzen, aber auch Satzzeichen. Es geht also um die diversen Beziehungen der syntagmatischen und paradigmatischen Achsen. Denn Sinn, also auch eine Narration, ergeben sich aus der Aufstellung von Relationen der jeweiligen Elemente: etwa ein Wort zum Wort im Paradigma oder Syntagma. Solche Beziehungen können miteinander interferieren. Das Buch zeigt, dass diese Bausteine eine immer komplexere Sinnkonstruktion vornehmen, obwohl sie ja gezielt jegliche Konstrukte, die dies vorwegnehmen würden verhindern wollen. Das gelingt dem Werk auch. Den Leserinnen wird vor Augen geführt, wie die Wortbedeutungsstruktur mit einer paradigmatischen Konnotation interferieren kann, trotzdem sie vom Satz und Kontext isoliert zu sein scheint. .aufzeichnensysteme – hinter denen Hanne Römer steckt – stellen sich in eine sprachexperimentelle Tradition und nutzen auch das Zitieren als poetisches Mittel. Denn wie bereits erwähnt, stammen die Bausteine aus vorgegebenen Texten ("journalartige[] Prosatexte[]"). Und der Text wiederum ist das Produkt einer bestimmten Montagetechnik: der Ellipse. In der Rhetorik heißt das, das alles, was für das Verständnis nicht unbedingt nötig ist, ausgelassen werden kann. Anders gesagt: alles Redundante kann weggeschnitten werden. Das Augenmerk liegt dann an den Übergängen innerhalb der Gedichtkonstrukte (innersequentiell) und an den Übergängen zwischen den Gedichtgebilden (transsequentiell) – dort zeigt sich die Feinarbeit.
Am Ende der Lektüre ist etwas passiert. Nicht auf den Buchseiten, nur im Kopf. Allein durch die Ausnutzung von Text-Montagen gelingt das Wunderwerk. Mit "IM GRÜNEN" ist es .aufzeichnensysteme gelungen Prosa zu verfassen, ohne eine Handlung vorzugeben, die dann doch folgt. Mögen die ersten Seiten vielleicht noch abschrecken, so belohnen die folgenden die Leserinnen und Leser mit einer Lektüre, die man so schnell nicht vergisst.
(Erkan Osmanovic, Medienimpulse)