bildschirmfoto-2021-02-04-um-14-24-05.png

© Emanuel Layr

Lena Henke - Babysteps into Masochism

Showtimes

Vergangene Showtimes

Öffnungszeiten:

Mo: Geschlossen
Di: Geschlossen
Mi: 12:00 - 18:00 Uhr
Do: 12:00 - 18:00 Uhr
Fr: 12:00 - 18:00 Uhr
Sa: 11:00 - 15:00 Uhr
So: Geschlossen

Mehr

Öffnungszeiten:

Mo: Geschlossen
Di: Geschlossen
Mi: 12:00 - 18:00 Uhr
Do: 12:00 - 18:00 Uhr
Fr: 12:00 - 18:00 Uhr
Sa: Geschlossen
So: Geschlossen

Mehr

No works.
„Just some flesh caught in this big broken machine.“ (Nine inch Nails)

Annäherung durch Entfernung: Ludwig II., der für immer wie Viscontis Helmut Berger aussieht, betritt durch ein riesiges, offenes Loch den gewaltigen Schuppen, in dem die halbnackten Soldaten um einen Baum herum lagern, schlafend und unversehrt.
Der König, ganz verdrängtes Verlangen, ist für diese unsichtbar. Draußen friert es, im Inneren lodern gewaltige Feuer. Alles schwitzt. Außerhalb der Kamera wartet, ebenfalls unsichtbar, und mit verbundenen Augen, Leopold von Sacher-Masoch, der sonst in Wien arbeitet, und sich mit weiblichem Pseudonym Zoë („Tierseele“) von Rodenbach nennt.
Er wartet auf jenen geheimnisvollen Anatol –selbst ein Tarnname– von dem es heißt, er gehöre dem König, der die Bücher des gefeierten Autors verschlingt’.
Auch dieser darf den König nicht sehen. Da, wo die absolute Gewalt mit Zehenspitzen in die Sphäre seiner Subjekte tritt, mit einem Fußabdruck, den der Schnee optisch und akkustisch verschluckt, ist die Unsichtbarkeit dieser sonst auf Sichtbarkeit gegründeten Macht nicht nur Ausdruck der Überschreitung der Linie, die Herrschaft und Beherrschte trennt. Es ist auch ein Begehren da, das sich unerfüllbar danach sehnt, natürlich hier ganz unter Männern, selbst Subjekt, Objekt zu sein, und einem fremden Willen zu unterwerfen. Die absolute Kontrolle, die königliche wie patriarchal-gesellschaftliche, zugunsten dieser Unterwerfung aufzugeben.
Der warme Feuerschein auf die nackten Füße der Soldaten wirft flackernde Schatten auf die Beziehungen der Handelnden, und in diesem noch spätromantisch-maskulinen Pastiche, das in Innen und Außen, Privat und Öffentlich, Oben und Unten denkt, und dabei vor allem die simple Umkehrung der Szenerie als homoerotische träumt, können die Protagonisten dieser Reiterkultur auf Unsichtbarkeit, Verstohlenheit und Diskretion, auf ein Geheimnis hoffen. Der reale Industriekapitalismus im kalten Umraum hat den Tod von Pferd und Reiter derweil längst beschlossen. Ein nasser Weiher verschluckt den Schwanenritter.

Angesichts der komplexen Verschränkungen von Lust und Grausamkeiten in den Formationen von „Babysteps“ wirkt es, als schaute man durch das Schlüsselloch einer Glastür. Produktive Missverständnisse. In Lena Henkes Anordnung werden keine nostalgisch-ornamentalen Splitter eines im Dunkeln liegenden, verdrängten Trieblebens ausverhandelt. In der Seilerstätte dominiert maximale Sichtbarkeit.
Die Motive der ausgestellten Arbeiten formulieren eine Verschiebung, weg von klandestiner männlicher, heteronormativer Devianz, hin zu einem offenen, gesellschaftlichen Motor, der in der Fetischisierung nicht nur Objektivation, sondern auch die Möglichkeit befreiender und egalisierender Aspekte mitentwirft. Sie fragen aber auch kritisch nach den (Trieb)Kräften, die aus der neoliberalen Leidensfähigkeit des Subjekts die Lust an der Selbst-Qual, und deren Ökonomisierung zu entfachen imstande sind.
Masochismus wird dabei aber nicht nur als Endziel der Ausbeutung verstanden, sondern wird als Modell vorgeschlagen, das lediglich eine kontrollierte, lustvolle Übergabe an ein komplexes Spiel von Abhängigkeit und Unterwerfung ermöglicht, und – zumindest zeitweise– eine permanente, innere Leine temporär gegen eine Äußere zu tauschen. Er bietet so auch die Möglichkeit, das eigene Material, die Umstände der eigenen Position und die daraus resultierenden Verletzungen und Schmerzen gewaltsam umzustrukturieren, und somit Kontrolle über sonst unkontrollierbare Gewalt(en) zu erlangen. Auch wird ein ganzes Arsenal unterschiedlicher Praktiken und Begehren vorgestellt.