© Gemma Chua-Tran / Unsplash

Loving Others - Modelle der Zusammenarbeit

Showtimes

Vergangene Showtimes

10:00 - 18:00
Künstlerhaus Wien
Mehr

Öffnungszeiten

Montag bis Sonntag 10 bis 18 Uhr

Mehr

Das Künstlerhaus lädt zur Ausstellung Loving Others - Modelle der Zusammenarbeit ein.

Künstler*innen-Gruppen sind ein „modernes“ Phänomen, zumindest insoweit sie eine prominente Bedeutung im künstlerischen und kulturellen Ereignisfeld erlangen. Kollektive Produktion in der Kunst war und ist dabei auch nicht von dem Versuch zu trennen, alternative, teils von Utopie getragene Arbeits- und Lebensformen zu entwickeln, die abseits von Konkurrenz und Gewinnmaximierung stehen. Oft werden Kollektive nach dem Abschluss der Ausbildung, also zwischen 25 Jahren und 30 Jahren, gegründet, viele Gruppen bzw. Kollektive lösen sich aber relativ bald wieder auf. Die Formen der Zusammenarbeit sind dabei so vielfältig, wie die künstlerischen Strategien und meist von der Gegenwart geprägten Tendenzen, die sich in den jeweiligen Arbeiten abbilden und auf die unterschiedlichen Gruppenbildungen verweisen.

Soziale Interaktionen und Kommunikation, die einen produktiven Gedankenaustausch forcieren, sind elementare Charakteristika jeder Art von Zusammenarbeit, die aber ganz wesentlich auch von emotionalen Bindungen geprägt ist. Zusammenarbeit stellt in diesem Sinne immer eine Beziehungsform dar, wobei der Begriff „Beziehung“ ganz vielfältig und abseits vom klassischen Paar gedacht ist. Die latenten sozialen Dynamiken und verdeckt mentalen Erwartungshaltungen einzelner Akteur*innen manifestieren sich in kollektiven Arbeits- und Lebenszusammenhängen. Dies zeigt sich in Konstellationen, die sich durch verändernde Rollenzuschreibungen und Wechsel in der Gruppenhierarchie auszeichnen (Ruangrupa), ebenso in radikalen Verschränkungen von sexuellem und intellektuellem Zusammenleben eines „erweiterten Körpers“ (AA Bronson), über virtuell konstruierte Communities und Netzwerke, bis hin zu temporären Zweckgemeinschaften.

LOVING OTHERS will Künstler*innen-Gruppen und deren unterschiedliche Modelle von Zusammenarbeit in Form ihrer sozialen Bindungen und Solidaritäten produktiv machen und Geschichten des konstruktiven Scheiterns miterzählen. Im Fokus der Ausstellung stehen vorwiegend jüngere Werke, die auf unterschiedlichen Ansätzen von künstlerischer Zusammenarbeit basieren und deren inhärente, spezifische Arbeits- und Beziehungsformen Teil der Präsentation sein werden. Die Auswahl kann als exemplarisch, gleichzeitig aber auch willkürlich bezeichnet werden, da es unzählige Kollektive gibt. Zwei Beiträge sind als in situ Arbeiten konzipiert, die von Bar du Bois und dem russischen Kollektiv ZIP Group realisiert werden. Als Interpunktionen oder Verbindungslinien zwischen den präsentierten Werken der Kollektive und Künstler*innengruppen sind aktuelle, aber auch wenige historische Arbeiten gesetzt, die Fragen zu unterschiedlichen Modellen der Zusammenarbeit wachrufen und auch werkbezogene, zeitlich limitierte Kollaborationen zeigen. Als Beispiel sei an dieser Stelle eine besonders spitzfindige Art der Gemeinschaftsarbeit erwähnt, nämlich Karpo Godinas äußerst amüsanter Kurzfilm „On the Art of Loving or Film with 14441 Frames“ (1972). Für diese Auftragsarbeit, von der jugoslawischen Armee produziert, standen dem Filmemacher während seiner eigenen Militärzeit als einfacher Soldat 20.000 Mann zur Verfügung, die er zu einer atemberaubenden Performance in den Bergen Mazedoniens (heute: Nordmazedonien) orchestrierte. Der Film, der quasi die hierarchisierteste und von Gemeinschaft geprägte Arbeitsstruktur schlechthin subvertiert, brachte Godina beinahe ins Gefängnis, seinen Film konnte er von der Zerstörung bewahren.

Weitere Verbindungslinien zwischen den Werken werden aber auch durch die Arbeit geschaffenen Vereinigungen, Freundschaften und Gemeinschaften produziert. Die Grundidee eines Kollektivs ist, dass sich eine Gruppe von Personen zusammenfindet, um ein gemeinsames Interesse zu verfolgen, das sich alleine nicht bewerkstelligen lässt bzw. durch den Zusammenschluss das Potential seiner Wirkungskraft verstärkt. LOVING OTHERS versteht sich insofern auch als Versuchsfeld, das Kollektiv, die Künstler*innen-Gruppe oder auch temporäre Kooperationen ausdifferenziert zu betrachten und gegenüber zu stellen.

Künstler*innen:
Bar du Bois & Friends, Juliana Huxtable & Christopher Udemezue (Neon Christina), FEMPLAK, Forensic Architecture, Total Refusal, Karpo Godina, ____fabrics interseason & Friends, ZIP Group, The Nest Collective, Ruangrupa, INVASORIX, Group Material, Anna Spanlang & Klitclique

Begleitend zur Ausstellung entsteht eine Publikation, die sich nicht als Ausstellungskatalog begreift. Darin sollen diskursive Texte zum Thema, zusätzliches Material, weitere Beiträge von Kunstschaffenden bzw. begleitende Interviews versammelt und präsentiert werden. Die Publikation versteht sich als durchaus eigenständige, diskursive Materialsammlung einem interessierten Publikum vertiefende Informationen zu unterschiedlichen Formen der Zusammenarbeit, einzelner Gruppen oder künstlerischen Praktiken zur Verfügung zu stellen, auch solchen die nicht in der Ausstellung präsentiert werden.

Kuratiert von Christian Helbock und Dietmar Schwärzler
Ausstellungsarchitektur: studio-itzo