© Foto von Khoa Võ von Pexels

Theater

OFFTANZ Tirol: WAHNWIZZI

Showtimes

Vergangene Showtimes

Idee, künstlerische Leitung: Paolo Baccarani
Tanz, Choreografie: Paolo Baccarani, Tobias Hanny, Tamara Maksymenko, Riccardo Meneghini, Anna Maria Müller, Eva Müller, Christine Riegler, Katja Piening, Emmanuelle Vinh

Im 18. und zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurden in Europa eingesperrte „Wahnsinnige“ regelmäßig vor dem neugierigen Bürgertum zur Schau gestellt (vgl. „Marat/Sade“, 1964 von P. Weiss, „Déraison et folie : histoire de la folie à l’âge classique“, 1961 von M. Foucault). Ihnen wurden „tierische“ Eigenschaften zugeschrieben, was einerseits mit einer besonderen Art der Faszination und andererseits mit dem Bedürfnis nach Abstand – und Inhaftierung – verbunden war.

WAHNWIZZI spielt auf die performativen Bedingungen dieser alten Wahnsinn-Schau à la „Marat/Sade“ an, in der die selbsternannte Vernunft ihre Trennung von der Unvernunft zelebrierte. Dabei wird versucht, gerade diese Grenzlinie abzuschaffen. Der Wahnsinn wird nicht eingesperrt, nicht von außen, in den Anderen, beobachtet, sondern in den eigenen Existenzen aufgespürt. Die Performer*innen versuchen, dem Wahnsinn eine Stimme, oder besser: viele Körper und Stimmen zu geben.

In WAHNWIZZI wird keine Sehnsucht nach Irrationalismus vertreten. Selbst der Begriff „Wahnsinn“ gilt hier nicht als einheitliches Konzept, sondern als Werk- und Spielzeug – und als Projektionsfläche. Es werden Zustände zur Schau gestellt, die weit weg oder am Rande der genormten Funktionalität, der gesellschaftlich definierten Effizienz erscheinen. Die in die Performance geworfenen Körper spielen hier eine zentrale Rolle, als Orte, in denen Umwandlungen, Konflikte, Träume, Bewertungen, Diskriminierungen, Verhandlungen und Misshandlungen stattfinden; als Orte, in denen sich Gedächtnis abspeichert und ständig modifiziert.

Wir suchen unseren Tanz in diesen Schattenbereichen, die möglicherweise ein eigenes Licht strahlen. Wir wollen die Dimensionen des Wahnsinns zelebrieren, auch in ihrer Unbestimmbarkeit, erratischen oder rauschenden Qualität, und fragen uns – als ambitionierte Aufgabe im Kreationsprozess – welche Transformationspotenziale hier stecken.