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Das Oktoberfest in München ist das bekannteste Volksfest der Welt. Schon zum zweiten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg findet es auch dieses Jahr coronabedingt nicht statt. Dies war der gedankliche Ausgangspunkt für die neueste Arbeit des Filmemachers und eigenwilligen Künstlers Philip Gröning, dessen Filme wie DIE GROSSE STILLE oder MEIN BRUDER HEISST ROBERT UND IST EIN IDIOT weltweit Preise gewinnen und das Publikum verstören.

Für OKTOBERFEST PHANTOM recherchiert eine KI (Künstliche Intelligenz) die exakten Räumlichkeiten der Oktoberfestzelte und versucht diese zu rekonstruieren. Da dies aus Tausenden von Selfies und kurzen Clips aus allen weltweiten Social-Media Kanälen geschieht, bildet sich hier einerseits ab, was die Menschen als Erinnerung mit anderen teilen wollten. Andererseits werden durch dieses Verfahren große Teile der Zelte unsichtbar, weil niemand sie für der Erinnerung wert hielt. Deshalb scheitert die KI an der Aufgabe, die Eindeutigkeit der Räumlichkeiten vollständig abzubilden. Dieses Scheitern ist ästhetisches Mittel: Es entsteht eine ruinöse Struktur der Orte, der Aufmerksamkeit und der kollektiven Erinnerung. Und damit nicht genug: Die KI rechnet Menschen – da sie nicht ortskonstant sind – teils aus der Masse der Bilder heraus, teils verschmelzen sie zu organisch erscheinenden Gebilden. Der Mensch ist hier der Fehler.

In einer performativen Rauminstallation erhält jede*r Zuschauer*in eine VR-Brille mit Kopfhörer und betritt ein Festzelt der Erinnerung, einen Raum zweiter Ordnung. Ein bunter Sternennebel, in dem die Abwesenheit des Oktoberfestes sichtbar und vor allem fühlbar wird. Und auch der Phantomschmerz darüber, dass aus der massenhaften Bestätigung der eigenen Präsenz durch Selfies ein Ort der Abwesenheit jeden Individuums entsteht. Erinnerung konstituiert das Individuum. Aber hier zeigt sich die Begegnung der zahllosen individuellen Erinnerungen mit der Glättung der Statistik. Auskristallisiert durch den Zufall von Corona. Bild unserer Epoche.