© Marcella Ruiz Cruz

Theater

Robert Icke: Die Ärztin

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"Jede Person ist eine ganze Stadt voller Menschen. In uns wohnen tausend verschiedene Versionen unserer selbst, und – sie können nicht alle gleich wichtig sein. Wir entscheiden, welche uns bestimmen. Sie haben die Medizin. Ich habe Gott. Eine Sache – eine einzige Sache – ist uns das Höchste.“

Der englische Regisseur und Autor Robert Icke ist bekannt für seine aufsehenerregenden Überschreibungen und Inszenierungen klassischer Texte. In seinen Bearbeitungen sucht er nach den radikalen Impulsen des Originals im Kontext seiner Zeit, um sie für ein heutiges Publikum erlebbar zu machen. Das 1912 in Berlin uraufgeführte Stück PROFESSOR BERNHARDI von Arthur Schnitzler seziert den in Österreich herrschenden Antisemitismus am Beispiel eines jüdischen Arztes, der Opfer einer Hetzkampagne wird, nachdem er einem katholischen Priester die Verabreichung der Sterbesakramente an eine im Sterben liegende Frau verweigert. 

Robert Icke stellt Dr. Ruth Wolff ins Zentrum seiner Bearbeitung, eine säkulare Jüdin, die eine prestigeträchtige, auf Alzheimer spezialisierte Klinik leitet. Sie verweigert einem Priester den Zutritt zu einem sterbenden Mädchen und wird daraufhin Ziel einer medialen Jagd, die ihre berufliche Zukunft und den Ruf ihres Instituts gefährdet. Die komplexen Zusammenhänge und Fragestellungen von medizinischer Ethik, ökonomischem Druck, Identitätspolitik und toxischen Öffentlichkeitsdiskursen entfalten sich. Ebenso differenziert ist der Blick auf Dr. Ruth Wolffs Charakter, die Arbeitswelt, in der sie sich bewegt und ihre Beziehungen.