© Franz Schwarzinger

Theater

Thérèse Raquin

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Tobias Picker, Jahrgang 1954, ist einer der erfolgreichsten zeitgenössischen US-amerikanischen Komponisten. Ab seinem achten Lebensjahr erhielt er eine klassische Musik- und Kompositionsausbildung, die er an der renommierten Juilliard School in New York vollendete.

Für seine dritte Oper wählte Picker als Vorlage Emile Zolas Roman Thérèse Raquin, der als ein Initialwerk des literarischen Naturalismus gilt. Zola wollte die „Bestie Mensch“ unter den verschiedenen sozialen und individuellen Bedingungen analysieren. In Thérèse Raquin kollidieren in beengten räumlichen, finanziellen und sozialen Verhältnissen unerfüllte Träume und unterdrückte Leidenschaften in explosiver Weise. Zola selbst hatte den Roman bereits in ein Bühnenstück umgewandelt, es folgten zahllose Versionen für Bühne und Film. Picker komponierte seine Thérèse Raquin 2001 zunächst für großes Orchester, 2006 adaptierte er sie als Kammerfassung, sehr entsprechend dem Inhalt mit seinen sich steigernden inneren Qualen: Die Ängste, Halluzinationen und immer beklemmender werdende Bedrängns der Figuren entwickeln eine regelrechte Sogwirkung. Zwar übernahm Picker die Handlung von Zola, aber nicht dessen distanzierten Blick.

In seiner Oper sind die Figuren keine tierischen Bestien, sondern Menschen, die uns nahe kommen sollen. Er will Sympathie für sie, denn er ist kein Moralist wie Zola. Das aus elf Bildern, die dem Ende zu immer kürzer werden, bestehende Libretto soll laut Picker mit „beschleunigtem Tempo eine Höllenfahrt“ beschreiben. Das frühe Schaffen des Komponisten ist dodekaphonisch geprägt und in der Instrumentalmusik verhaftet. Er erweiterte später seine musikalische Sprache um Elemente der Tonalität – so entstand eine eigene Idee des modernen Musik - dramas, das sich auch in Thérèse Raquin wiederfindet.

Die zunehmende Sprengung von Tonalität zeigt hier, wie das Vertraute und Geordnete von der schrecklichen Tat mehr und mehr untergraben wird. Ein harmonisches Glück ist unmöglich. Die Komposition ist durch Leitmotive geprägt, Arien, Ensembles und Duette bestimmen die große Struktur. Mit diesen bekannten formalen Elementen und der Tonalität zu Beginn holt Picker das Publikum ab und nimmt es dann musikalisch mit in einen Abgrund von Schuld und Reue. 

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