© JMW / Emil Singer

Kunstausstellung

Wiener Nostalgie – Vernetzte Erinnerungen an Emil Singer

Showtimes

Das typische "Manner"-Rosa, das die Besucher der Ausstellung "Wiener Nostalgie" im Jüdischen Museum begrüßt, ist trügerisch: Denn die neue Schau, die in dem kleinen Raum ab morgen, Mittwoch, "Vernetzte Erinnerungen an Emil Singer" präsentiert, birgt einen düsteren Schatten. Zu sehen sind nämlich nicht nur 20 seiner Radierungen von Wien-Ansichten aus der Zwischenkriegszeit, sondern vor allem eine gescheiterte Fluchtgeschichte, die mit Deportation und Ermordung endet.

Während die colorierten Radierungen auf pastellrosa und blauen Displays in der Raummitte idyllische Motive wie den verschneiten Wiener Graben (1927) oder den Stephansdom (1923) zeigen, wird an den Wänden eine Geschichte aufgerollt, die für eine aktive Erinnerungskultur steht, die weit in die Mitte des 20. Jahrhunderts zurückreicht, wie die Kuratorinnen Caitlin Gura und Daniela Pscheiden am Dienstag bei der Presseführung erläuterten. Ausgehend von einer im Jahr 2019 erfolgten Schenkung von Singer-Radierungen durch den US-Sammler James Rikoon habe man ein Netzwerk von amerikanischen Sammlern rekonstruiert, die den Künstler einst in Wien kennenlernten und nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten alles daran setzten, Singer und dessen Ehefrau nach Amerika zu holen.

Die Bemühungen werden durch erhaltene Briefwechsel und Preislisten von in den USA eilig verkauften Werken dokumentiert. So hatten die Sammler zugestimmt, ihre in Wien erworbenen Radierungen in ihrer Heimat weiterzuverkaufen, um Singer und dessen Ehefrau Geld für die Ausreise zu beschaffen. Doch die Visaanträge wurden trotz zahlreicher Interventionsversuche an höchster Stelle abgelehnt. Negativ ausgewirkt habe sich dabei das Alter des über 60-jährigen kinderlosen Ehepaars sowie die nicht vorhandene Aussicht auf deren Arbeitskraft, wie Gura erläuterte.

Die Sammler, die nach Ende des Krieges von der Ermordung des Ehepaares erfuhren, hätte der gescheiterte Fluchtversuch nicht mehr losgelassen, weshalb sie bemüht gewesen seien, zumindest Singers Werke in ihren Sammlungen zu erhalten. In nachzuhörenden Interviews mit den Sammlern Henry Isaacs - einem Sohn jener Sammler, die Singer einst zu helfen versuchten - und James Rikoon werden die Bemühungen, den fast vergessenen Künstler wieder sichtbar zu machen, verdeutlicht. Und so sind es weniger die Werke selbst, die ein bereits damals idealisiertes Wien-Bild vermittelten, sondern die Aufarbeitung der Bemühungen einer Rettung vor dem NS-Regime, die dieser kleinen, aber tiefgreifenden Schau ihr Gewicht verleihen.