© Helmut Walter / Stefan Eibelwimmer

Was ist los in Oberösterreich

Im Taumel und Tumult durch eine Pandemie im Linzer Theater Phönix

Eigentlich hätte es ein Stück über die Arbeitswelt in einer Stahlstadt werden sollen. Doch dann überholte den Autor und Dramatiker Thomas Arzt die Gegenwart, Corona breitete sich aus. Und so schrieb er für das Linzer Theater Phönix eine pandemische Posse. "Taumel und Tumult" - zugleich Auftakt in die neue Spielzeit - feierte Dienstagabend im vollen Haus und vor begeistertem Publikum Uraufführung.

Es ist bereits das dritte Auftragswerk des Oberösterreichers für das Theater Phönix. Bisher überschrieb Arzt Klassiker, aus Goethes "Die Leiden des jungen Werther" wurde 2016 "Werther lieben", aus Schnitzlers "Fräulein Else" 2019 einfach "Else (ohne Fräulein)". Aber auch seine Posse stehe in der Tradition von Klassikern: In jener der Komödien von Johann Nestroy oder Carlo Goldoni, wie Theaterchef Harald Gebhartl zum Start in die neue Saison, die für ihn zugleich die letzte in dieser Funktion sein wird, meinte. Die Inszenierung von "Taumel und Tumult" übernahm Florian Pilz, der schon Regie bei "Else (ohne Fräulein)" führte.

Unterhaltsames Verwirrspiel im Theater Phönix

Als Schauplatz wählte Arzt irgendein Hotel in irgendeiner Stadt, in dem es seit Ausbruch irgendeiner Pandemie still geworden ist. Hotelmanager Gregori, Portier Adam und Zimmermädchen Luzia erwarten nach 142 Tagen der Leere mit Frau Conradi den ersten Gast. Mit ihr flattert auch ein Liebesbrief ins Haus, das Verwirrspiel um fehlgeleitete Briefe nimmt seinen Anfang und daraus entspinnt sich eine wahrhafte Posse mit komödiantischem Spiel beherzter Darsteller, ulkigen Situationen zum laut Lachen aber ohne Klamauk.

Die vier Schauspieler führen vor Augen, was der Virus - nein "das", wie in den eineinhalb Stunden immer wieder korrigiert wird - aus einem machen kann: Martin Brunnemann gibt den lebensmüden, depressiven, panischen Hotelmanager, der nicht nur angesichts der fehlenden Gäste mit dem Strick um den Hals herumläuft. Er hat seine Frau verloren durch das Virus. Gregori hüllt das Hotel in eine Schutzfolie, verschanzt sich im sicheren Inneren. Köstlich und tragisch zugleich die Szene, in der er im Ganzkörperschutz den Schritt ins Freie wagen will und im Türrahmen kleben bleibt.

Desinfektionsspray und Impfung im Theater Phönix

Nadine Breitfuß als Luzia ist die hoffnungsfrohe, optimistische junge Frau, die dank Desinfektionsspray und Impfung daran glaubt, wieder bald hinaus ins Leben gehen zu können - auch wenn ihr erster Schritt dorthin mit einer Enttäuschung endet. Sven Sorring übernimmt als Adam die Rolle des Realisten, der wegen seiner nüchternen Betrachtungsweise der Lage - "Ein Gast macht noch keinen Frühling" - fatalistische Züge annimmt. Bei ihm laufen die Fäden zusammen, er lenkt und steuert heimlich das Hotel, wie dies ein Portier eben so tut. Doch ihm entgleitet angesichts der pandemischen Situation die Kontrolle. Und Anna Maria Eder als Frau Conradi "mit C" verkörpert als Businessfrau das klassische Wirtschaftsopfer irgendeiner Pandemie, die vermeintlich ihren Job verliert und ihr Leben notgedrungen umkrempelt. Aber: Schon ein "kleiner Wimpernschlag des Kapitalismus und sie kehrt in ihr altes Leben zurück".

Arzt leuchtet die Auswirkungen einer weltweiten, massenhaften Erkrankung auf die Gesellschaft, wie er sie erlebt, hell aus - mit Witz. Regisseur Pilz setzt das Ganze spritzig und mit hohem Tempo um. Für ihn war es die Herausforderung, den Spagat zwischen Komödiantischem und ernsthaftem Hintergrund zu schaffen, wie er selber meinte. Den Schauspielern verlangt er dabei einiges ab. Doch ihr Zusammenspiel geht Hand in Hand, da ruckt nichts. Dabei ist die Gefahr des Verhedderns durchaus gegeben, wenn etwa die meterlangen Plastikfolien herabgerissen werden und sich Luzia darin einrollt, Frau Conradi damit kämpft oder Gregori sie sich über den Kopf zieht, um zu ersticken.

Was bleibt nach all dem "Taumel und Tumult"?

Das Bühnenbild hat Michaela Mandel sehr zurückhaltend gestaltet, sie sieht es mehr als eine Rauminstallation. Das Innere des Hotels wird nur durch Stahlrahmen angedeutet. Im Hotelzimmer des einzigen Gastes "unter 266 möglichen" steht ein Doppelbett mit Trampolinfunktion, auf dem auch waghalsig herumgetollt wird. Am Ende der pandemischen Posse aber steht dann die durchaus ernste Frage im Raum, ob nach dem ganzen Taumel und Tumult die alte Routine wieder zurückkehrt.

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