Alien vs. Predator

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Einmal in jedem Jahrhundert entsendet eine außerirdische Spezies von Jägern ausgewählte Nachkommen um in einer gewaltvollen Rites de Passage den Übergang vom Jugendalter zu erwachsenen Mitgliedern ihrer Gesellschaft zu vollziehen. Das Ritual sieht die Verfolgung und Tötung einer zweiten, speziell für diesen Zweck herangezüchteten Spezies vor, welche sich parasitär, d.h. mit Hilfe eines Wirtes, vermehrt. Gelingt es das erste Beuteopfer zu erlegen, markieren die erfolgreichen Initianden ihren Helm und ihr Haupt mit einem Symbol unter Zuhilfenahme des ätzenden Blutes ihres Opfers. Dieser Narrativ gibt den Plot der 2004 erschienenen Comicbuch-Verfilmung „Alien vs. Predator“ und ihres Universums wieder, die der ersten österreichischen Einzelausstellung von Johannes Büttner ihren Namen leiht. Die Referenz zum wohlbekannten Film-Franchise ist das metaphorische Leitmotiv der Ausstellung, die Auseinandersetzungen mit kultischen Praktiken und kultureller Aneignung in der globalisierten Gegenwart aufzeigt.

In den Arbeiten der Ausstellung, die formal ein dialektischer Aufbau bestehend aus je zwei Grundelementen verbindet, dekodiert Johannes Büttner scheinbar isolierte Phänomene. Ihren Inhalten, ihrer Vermittlung und ihren ambivalenten Verwendungen näherte ich mich in den letzten Wochen durch Skypetelefonate mit dem Künstler. Für mich steht im Zentrum des Netzwerkes von Artefakten die weiterentwickelte „Vacuum“ Serie. Wie vielfach innerhalb seiner Produktionsprozesse, arbeitet der Künstler auch hier mit einer außerhalb der Kunstwelt agierenden Person, deren Schaffen eigenständige ästhetische Erfahrungen und Wahrnehmungen zum Ziel hat, durch die Kooperation aber neue Zusammenhänge innerhalb der jeweiligen Arbeit entstehen lässt. Der Bondage Rigger Eileen Tan knotete in der Präzision ihres Handwerks dekonstruierte Staubsauger zusammen, die im Ausstellungsraum eine algorithmisch konstruierte Choreografie aufführen. Die verschlungenen, hängenden Körperhülsen der Geräte zucken in unterschiedlichen Intensitäten und verweisen über die Bondagekultur hinaus auf das Science-Fiction-Genre Cyberpunk, dessen Dichotomie zwischen organischem Körper (low-life) und artifizieller Aufrüstung (high-tec) in allen Arbeiten enthalten ist.

In diesem Sinn entsteht mit der Serie „Brote“ ein konsequentes Gegengewicht zu den technoiden Skulpturen. Ein Rudel von Brotlaiben, die mit Flesh Tunnels „gepierct“ sind, eignet sich den Raum insektengleich wimmelnd an. Ursprünglich als Statussymbol indigener Kulturen getragen, bevor Sub- und Jugendkulturen sie mit zunehmender Globalisierung für sich entdeckten, nimmt die Verwendung von Flesh Tunnels in der Arbeit von Johannes Büttner Bezug auf eine Form von kultureller Aneignung, die er aber nicht als solche beurteilt. Vielmehr eröffnet er einen Verhandlungsraum, indem er den Wandel von Codes in unterschiedlichen Kulturen und Kontexten in den Vordergrund stellt.
Auf diesem Grat zwischen Neugierde am Phänomen und Unsicherheit über einen korrekten Umgang bewegen wir uns vom deutschen Brotlaib nonchalant zum Leib der „Kabukicho Ikemen“, der so genannten männlichen Dienstleister in Tokios Rotlichtviertel Kabukicho. Diese Hosts erinnern in ihrem spezifischen Aussehen teilweise an Anime-Fantasien und bieten gegen entsprechende Bezahlung jede Form von Unterhaltung an. Oft werden sie als Gegenpart oder Erweiterung zur Geisha-Kultur angesehen. Fasziniert von ihrem Auftreten und der Nischenbranche fotografierte Johannes Büttner einige von ihnen in seinem Tokioter Austauschsemester 2008. Er zeigt diese Serie seither das erste Mal und wählte ein Präsentationsformat, das, in Anlehnung an das Bewerben der Dienstleistung in den Straßen, Flyer suggeriert.

Johannes Büttner umkreist so gedanklich den Globus, einer imaginierten äquatorialen Linie von Mexiko, über Europa nach Japan folgend, und greift in jeder Station Formen von Körperkultur und ihren Deklinationen sowie Entkräftungen auf. Alle vermeintlich singulären Narrative in der gewählten Achse lässt er in der Ausstellung miteinander in Kommunikation treten um Fragen nach kulturellem Austausch, Re-Kodierung von Werten, und Aneignungsgesten zu eröffnen. (Andrea Kopranovic, 2020)