1561982833-fazilsay02-cmarcoborggreve-kl.jpg

© Marco Borggreve

Konzert

Fazil Say & Serenad Bagcan

Showtimes

Vergangene Showtimes

19:30 - 21:30
Simm City
19:30 - 23:59
Schloss Esterhazy

Programm
Claude Debussy: Sonate für Violoncello und Klavier d-Moll
Fazil Say: Dört Şehir (Vier Städte) Sonate für Violoncello und Klavier op. 41
Leoš Janáček: Pohádka (Märchen) für Violoncello und Klavier
Dmitri Schostakowitsch: Sonate d-Moll für Violoncello und Klavier op. 40

Sie seien „ein eingespieltes Duo“, heißt es gern, wenn zwei Musiker schon lange zusammenarbeiten. Für Nicolas Altstaedt und Fazil Say klingt das aber viel zu harmlos, denn die beiden brennen vor Musikalität und Mitteilungsdrang. Große Musik erzählt ja immer etwas: Manchmal schildert sie Ereignisse oder Orte, manchmal handelt sie nur von Emotionen – aber stets dringt sie dabei in Bereiche vor, wo bloße Worte versagen. Say entführt uns auf eine Reise durch vier Städte Anatoliens: Bunte volksmusikalische Einflüsse, persönliche Erinnerungen, Trauer und lustvoll ausgemalte Feierszenen werden zu einem klingenden Kaleidoskop voll von exotischem Groove. Leoš Janáček hingegen hat ausgewählte Szenen aus der „Geschichte vom Zaren Berendjej“ des russischen Dichters Wassilij Andrejewitsch Schukovskij in Musik verwandelt. Dazu die Cellosonaten von Claude Debussy, janusköpfige Musik, komponiert gegen Ende seines Lebens, und von Dmitri Schostakowitsch, entstanden an einem privaten Scheideweg: Traditionen, befolgt oder über Bord geworfen.

Fazil Say
wurde am 14. Januar 1970 in Ankara geboren. Mit vier Jahren begann er, Klavier zu spielen, im Alter von elf Jahren nahm er ein Klavierstudium auf. Den Anstoß zum Beginn einer Kompositionstätigkeit erhielt Say bei einem Workshop mit David Levine und Aribert Reimann in Ankara. Die beiden Ausnahmekünstler waren es schließlich auch, die dem jungen Nachwuchstalent einen Aufenthalt an der Robert-Schumann-Hochschule in Düsseldorf vermittelten. Von 1992 bis 1995 setzte Say seine Studien am Berliner Konservatorium fort. Als Sechzehnjähriger komponierte er sein Werk Black Hymns. Der Gewinn des ersten Preises bei den Young Concert Artists International Auditions in New York beflügelte seine Karriere als Pianist weiter, seitdem gibt Fazil Say über 100 Konzerte im Jahr. Es folgten Kompositionen von größer besetzten Werken, darunter das 2. Klavierkonzert Silk Road, das Say 1996 in Boston zur Uraufführung brachte und in der Saison 2003/2004 mehr als ein Dutzend Mal spielte. In der Saison 2003 und nochmals 2005 war er Artist in Residence bei Radio France. Im Jahr 2005 lud ihn das Musikfest Bremen als Artist in Residence ein, im Jahr 2007 das Konzerthaus Dortmund. Bereits im Jahr 2000 gründete Say ein Worldjazz-Quintett, mit dem er unter anderem bei den Jazzfestivals von Montreux und Istanbul auftrat.

Charakteristisch für Says musikalische Arbeit ist die Doppelrolle als Komponist und international gefragter Pianist. Sein großes Interesse an Jazz und Improvisation prägt sein Musikverständnis; als Komponist lässt er diese Elemente immer wieder in seine Werke einfließen. In diesem Geiste komponierte er hochvirtuose Werkadaptionen für Klavier wie die Jazz-Fantasie nach Mozarts Alla Turca (1993), den Paganini Jazz (1995) oder die 4 Pieces für DJ and Piano (2003). Sein im Auftrag des türkischen Kultusministeriums komponiertes Oratorium Nazim auf Verse des türkischen Dichters Nazim Hikmet wurde 2001 in Ankara in Anwesenheit des Staatspräsidenten uraufgeführt. Im Auftrag von Radio France und Kurt Masur komponierte Say 2002 sein 3. Klavierkonzert und brachte es mit dem Orchestre National de Radio France unter der Leitung von Eliahu Inbal zur Uraufführung. Im Juli 2003 fand die Premiere seines Oratoriums Requiem für Metin Altiok beim Istanbul-Festival vor 5000 Zuhörern statt. Im Mai 2005 spielte er die Uraufführung seines 4. Klavierkonzerts Thinking Einstein in Luzern.

Für das Mozartjahr 2006 hatte die Stadt Wien als Hommage an den großen Klassiker das Ballett Patara in Auftrag gegeben, dessen Uraufführung am 1. Februar 2006 stattfand. Ein Jahr zuvor beendete Say die Komposition seines rhapsodischen, mit Elementen der türkischen Folklore spielenden Klavierstücks Black Earth. Ebenfalls für Klavier solo entstand 2006 im Rahmen der Salzburger Festspiele Inside Serail. 2008 vollendete der Komponist sein erstes Violinkonzert unter dem anspielungsreichen Titel 1001 Nights in the Harem. Die Premiere fand in Luzern mit der Widmungsträgerin, der moldawischen Violinistin Patricia Kopatchinskaja, und dem Luzerner Sinfonieorchester unter John Axelrod statt. Das Violinkonzert ist Says erstes ambitioniertes Orchesterwerk ohne einen eigenen Klavierpart, der Titel bezieht sich auf die morgenländische Märchensammlung „Tausendundeine Nacht“. Darin übernimmt die Solovioline die Rolle der verführerischen, unermüdlichen Geschichtenerzählerin Scheherazade. Mit der atmosphärisch dichten Orchestertextur und dem Einsatz türkischer Perkussionsinstrumente wagt der Komponist den Brückenschlag zwischen der Musik seiner türkischen Heimat, Jazzelementen und der europäischen Kunstmusik.

Neben zahlreichen Auszeichnungen für seine Interpretationen als Pianist wurde Fazil Say unter anderem 2007 mit dem Silbernen London International Award und ein Jahr später mit dem Preis des Art Directors Club Deutschland ausgezeichnet. Für seine vierhändige Bearbeitung von Strawinskys „Sacre du Printemps“ erhielt er den Deutschen Schallplattenpreis.