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© Volkskundemuseum

Fiktion Galizien - Zur visuellen Entwicklung einer Landschaft

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Mo: 10:00 - 17:00 Uhr
Di: 10:00 - 17:00 Uhr
Mi: 10:00 - 17:00 Uhr
Do: 10:00 - 20:00 Uhr
Fr: 10:00 - 17:00 Uhr
Sa: 10:00 - 17:00 Uhr
So: 10:00 - 17:00 Uhr

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Fiktion Galizien beschäftigt sich mit Fotografie in Galizien und der Bukowina am Ende des langen 19. Jahrhunderts.

Dabei handelt es sich um Volkstypenaufnahmen und landeskundliche Ansichten von Landschaften, Kirchen und auch von industriellen Projekten, die von kommerziellen Fotografen und Wissenschaftlern aufgenommen wurden. Unser Interesse gilt der Wirkungsweise dieser Fotografien am Ende der Habsburgermonarchie.

Zwei Schwerpunkte markieren die Erzählung dieser Ausstellung. Ein Aspekt ist der Einsatz der Fotografie bei der ökonomischen und infrastrukturellen Entwicklung Galiziens ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Eine zweite Perspektive gilt der Rolle der Fotografie in der Entwicklung der Volkskunde als wissenschaftlicher Disziplin in der Habsburgermonarchie. Ausgehend von Wien stellten die dort zusammenlaufenden wissenschaftlichen Netzwerke Galizien und die Bukowina sowie das Bildmaterial von ebendort von Beginn an in den Vordergrund ihrer Forschung. Dies lässt sich an der besonderen Präsenz dieser Fotografien innerhalb der ersten Inventarnummern der Fotosammlung des Volkskundemuseums ablesen – die zahlreichen Fotografien dieser Sammlung machen den Großteil des ausgestellten Materials aus.

Ausgangspunkt sind die Bilder von Julius Dutkiewicz, einem in Galizien (Kolomea u. a.) situierten Fotografen, dessen Werke über weite Strecken den deutschsprachigen volks- und landeskundlichen Diskurs illustrierten. Neben Dutkiewicz fotografierten Wissenschaftler aus Wien, die in Galizien und der Bukowina unterwegs waren, ebenso wie ortsansässige Ethnographen und andere kommerzielle Fotografen diese Gegenden. Sie alle tragen zur bildlichen Vorstellung von Galizien mit unterschiedlichen Perspektiven bei. Mit Fiktion Galizien beziehen wir uns auf die zwei Kronländer Bukowina und Galizien. Im mythisch konnotierten Begriff Galizien ist bis heute auch die Bukowina mitgemeint.

Wir beschäftigen uns vor allem mit der Zirkulation und Verbreitung der Bilder, da sie deren Wirkungsräume deutlich nachzeichnen. Das Interesse gilt am Beispiel Galiziens und der Bukowina der Verknüpfung von Infrastruktur, Ökonomie, Volkskunde, Politik und Fotografie – dem „Regieren im Bildraum“ (Tom Holert). Das Modell der „Indigenisierung“ soll die politischen Interessen von unterschiedlichen AkteurInnen in der Region sowie in Wien aufzeigen. Denn sie alle nutzten die Propagierung bestimmter Vorstellungen zu autochthonen BewohnerInnen: Die Bilder kamen solch unterschiedlichen Interessen entgegen wie der Zivilisierungsmission von Seiten der Habsburgermonarchie, den Polonisierungsbestrebungen der polnischen Oberschicht, und den ukrainischen Nationalismen. Um diese divergierenden Prozesse darstellen zu können, zeigen wir in der Ausstellung nicht nur fotografische Abzüge. Wir verwenden alle möglichen Erscheinungsweisen von Fotografie, vor allem auch in Medienverbünden – seien es Bücher, Leporellos oder Zeitungen – sowie (hand)schriftliche Dokumente und Akten – vor allem aus dem deutschsprachigen Diskurs.

Mit dem Bewusstsein, dass wir – als in Wien ansässige Forscher – keine neutrale Position haben, arbeiten wir weitgehend mit postkolonialen Forschungszugängen. Die Verhältnisse, die sich in diesen Bildern ausdrücken, zeigen Elemente asymmetrischer Herrschaft, die es offenzulegen gilt. Wir ergänzen die Untersuchung durch lokale Perspektiven und einen exemplarischen Blick auf die Konstruktion des Diskurses um die sogenannten Huzulen – einer besonders exotisierten Bevölkerungsgruppe – und arbeiten beim Begleitprogramm der Ausstellung mit ForscherInnen aus der Ukraine zusammen.

Kuratierung: Herbert Justnik (Volkskundemuseum Wien), Martin Keckeis (Photoinstitut Bonartes)