© Anja Köhler

Theater

König Ödipus

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Die Geschichte ist so bekannt wie schnell erzählt: Ödipus, König von Theben, Befreier des thebanischen Volks von der tyrannischen Sphinx, wollte vor einer Prophezeiung fliehen, wollte nicht die entsetzliche Schuld auf sich laden, die ihm prophezeit war – und wurde doch schuldig.
Ein grausames Schicksal, verhängt von fühllosen Göttern, für das Ödipus selbst keine Verantwortung trägt?! Bedeutet denn Nichtwissen: nicht verantwortlich sein – oder sind wir nicht vielmehr mitverantwortlich für unser Nichtwissen, weil wir hätten wissen können?
Womöglich beginnt unsere Verantwortung weit früher, als wir uns eingestehen …
Sophokles‘ uraltes Familiendrama erzählt die Geschichte eines Mannes, der, als er seine Verblendung erkennt, diese blutig real werden lässt, wie einen Krimi: Wer ist der schuldbeladene Mensch, dessentwegen die Seuche im Land wütet? Wie Zeuginnen und Zeugen vor Gericht treten all diejenigen auf, die das Geheimnis enthüllen können. Ödipus jedoch will die Wahrheit nicht sehen; eher beschuldigt er Teiresias, den Überbringer der Botschaft, und seinen Schwager Kreon des Verrats. Immer tiefer verstrickt er sich in seine Lebenslüge.
Am Ende ist es eine Frage von Verantwortung, Verantwortung, die ein Mensch zu tragen bereit ist. Oder eben nicht. ÖDIPUS verhandelt diese Menschheitsfrage, und ist deshalb nicht nur philosophisch und literarisch ein bis heute gültiger Stoff, sondern mit dieser Debatte brandaktuell und hochpolitisch. Denn sind nicht auch wir versucht, uns der Verantwortung zu entziehen, verschließen nicht auch wir die Augen – vor der Zerstörung unserer Welt zum Beispiel durch unseren Lebensstil, vor dem Leid, das wir (unwissentlich, wirklich?) über andere bringen?!