© Matthias Heschl

Showtimes

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Schauspielhaus Wien
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Am Anfang steht eine Geburt, die eigentlich keine ist. Etwa so wie in Krippenspielen, wo sie am Ende auch einfach geschieht. Es ist die Geburt der Liebe, der Unsicherheit. Etwas das zwickt, wie eine Geburtsnarbe, als ob etwas herausgegangen wäre, das nicht wiederkommt. Etwas das sich mit klebrigen Fingerspitzen niederlässt, die Wimpern einreibt. Etwas das wächst wie ein Hefepilz, den man alleinlässt.

Die tatsächliche Geburt passiert später, Babys Geburt, im Reisebus auf dem Boden, nein, zwischen den Sitzen, nein, irgendwie aus der Decke. Gestürzt, gerutscht, gefallen, geworfen. Es gibt Gedanken, denen auf die Welt geholfen werden soll – und anderen nicht. Schweigen, Leerstellen, ein Chor von Frauen als ungeübtes Archiv: Wie soll eine Geburt ein Anfang sein, bei dem, was noch kommt?

»Oxytocin, was soll das sein
Kuschelhormon damit
wir schön hängen, bleiben, kleben, wünschen,
ich hoff gar nicht mehr ich
mache nur noch ich
schwitze Oxytocin raus ich
mag Kinder und Abtreibungen ich
träume von einer großen Gebärmutter für
alle,
ich träum von einer schönen
Abtreibung,
wir sprechen darüber zu zweit,
oder vor großen Mengen und
Markus Lanz kriegt
Schnappatmung« (Anna Neata)

In ihrem Debütstück »Oxytocin Baby« schreibt Anna Neata, Gewinnerin des Hans- Gratzer-Stipendiums 2020, hochmusikalisch und formal bestechend über Schwangerschaft und Mutterschaft, Geburtenkontrolle und Selbstbestimmung. Dabei bringt sie körperliche Zustände und Prozesse eindringlich zur Sprache. Sie lässt historische Figuren zu Wort kommen, wie etwa Madame Mittermayer, die in Wien illegal Abtreibungen durchführte, den Arzt Lukas Boër, Vorreiter moderner Geburtshilfe in Wien, und die Kindsmörderin Susanna Margaretha Brandt, die Goethe zu Gretchen inspirierte. Neata verwebt Verweise auf Popsongs und Filmmusicals wie »Dirty Dancing« miteinander, die (junge) Frauen zu Babys deklarieren.

Daraus schöpft Rieke Süßkow in ihrer Uraufführung inszenatorisches Potenzial: Sie bringt »Oxytocin Baby« mit einem Ensemble aus Schauspieler*innen und Studierenden des Musikalischen Unterhaltungstheaters (MUK Wien) auf die Bühne – Neatas Text wird stellenweise vertont und gesungen. Süßkows Theaterarbeiten bewegen sich an der Schnittstelle zwischen Schauspiel, Choreografie, Installation und rhythmischer Komposition.