© Christopher Glanzl

Kabarett Österreich

Berni Wagner: „Humor bedeutet, scheitern zu dürfen“

Seit einigen Jahren mischt Berni Wagner die heimische Kabarettszene in flottem Sprechtempo auf, mit seinem aktuellen Programm "Galápagos" ist er derzeit wieder auf Tour (live zu sehen etwa am 29. März im Wiener Stadtsaal). Darin spannt der studierte Biologe einen Bogen von Beziehungskomplikationen über Evolutionfragen bis hin zu großen Umweltproblemen. 

Für das Programm wurde der gebürtige Gallneukirchner zudem mit dem Österreichischen Kabarettpreis 2022 in der Kategorie "Programmpreis" ausgezeichnet.

 

Wie er die durchaus ernsten Themen seines Programms humorvoll auf die Bühne bringt, wann ein Abend vor Publikum für ihn so richtig gelungen ist und was er an seiner Wahlheimatstadt Wien besonders schätzt, verriet uns der Kabarettist im Gespräch.

Dein aktuelles, viertes Programm heißt „Galápagos“. Was erwartet uns dabei?

Es ist im Prinzip eine Mischung aus Stand-Up und Kabarett, sprich ich spiele mehrere kleine Nummern, die sich im Laufe des Abends zu einer größeren Geschichte fügen. Es geht um das Themenfeld Mensch und Natur, bzw. den Konflikt dieser beiden, aber aus verschiedenen Sichtweise betrachtet. Okay, das klingt jetzt vielleicht nicht so lustig, aber das ist es … glaube ich … (lacht)

Der Konflikt zwischen Mensch und Natur ist wirklich ein eher ernstes Thema. Wie bringst du das humorvoll auf der Kabarettbühne rüber?

Ich versuche auf der Bühne immer alles, was ich ernst meine, möglichst wenig ernst zu nehmen und alles, was ich nicht ernst meine, möglichst ernst zu nehmen. Ein Kernteil des Programms ist die Erlaubnis, zu scheitern. Das ist das Großartige am Kabarett und Humor generell: Man darf auch versagen an den Themen, gerade bei so ernsten Inhalten. Woanders könnte man das nicht.

Es geht in meinem Programm natürlich um Dinge wie Klimawandel und Erderwärmung, ich habe dazu viel recherchiert. Eine Sache, die mir immer mehr ins Bewusstsein kommt, ist, dass man als Einzelperson nur wenig tun kann, was wirklich eine Auswirkung dagegen hat. Was nicht heißt, dass jeder einfach tun soll, was er will. Ein wirklich nachhaltiges Leben ist in Mitteleuropa aber sehr schwierig, weil man immer irgendwo irgendwas konsumiert. Daher wird oft versucht, Leute mit bewusst nachhaltigem Lebensstil als HeuchlerInnen darzustellen. Das kann ich im Kabarett aber total umgehen, was mein großes Glück ist! Ich muss nicht perfekt sein, sondern darf daran scheitern, und das Publikum scheitert mit.

Die Premiere wurde aufgrund der Pandemie mehrmals verschoben. Wie ist es, damit nun auf Tour zu sein?

Lustigerweise habe ich das Auftreten selbst während der Lockdowns gar nicht so dringend vermisst. Aber wie ich dann auf der Bühne zurück war, habe ich sofort wieder gespürt, warum ich das so gerne mache! Es ist total super und ich bin wahnsinnig dankbar, dass sich so viele Menschen wieder trauen, in die Theater zu kommen. Und es werden zum Glück immer mehr. Natürlich herrscht nach wie vor eine Existenzsorge in der Szene und bei den VeranstalterInnen. Diese Sorge hindert mich aber nicht daran, jeden einzelnen Auftritt zu genießen!

Dir wurde dafür der Österreichische Kabarettpreis 2022 in der Kategorie „Programm“ verliehen. Wie hast du dich gefühlt, als du davon erfahren hast?

Ich habe mich sehr gefreut, was gar nicht so selbstverständlich ist. Ich tu mir nämlich oft schwer mit Auszeichnungen und Komplimenten. Es ist aber eine große Ehre und ich bin sehr dankbar dafür.

Du stehst schon seit sehr jungen Jahren auf der Kabarettbühne. Wie bist du dazu gekommen?

Ich habe immer schon irgendwas auf der Bühne gemacht, wenn ich so zurückdenke. Das hat mit Kindertheater in der Volksschule begonnen und ging weiter über Musik in verschiedenen Orchestern und Amateurtheater in meiner Jugend. Dann bin ich nach Wien gezogen und wollte auch hier etwas auf der Bühne machen. Am Max Reinhardt Seminar wurde ich nicht aufgenommen, also habe ich mir andere Wege gesucht und die offene Bühne am Theater am Alsergrund entdeckt. Das war mein erster Auftritt.

Dann bin ich kurz in die Poetry-Slam-Szene gerutscht, von dort aber wieder ins Kabarett, bis mir schließlich empfohlen wurde, zum Grazer Kleinkunstvogel zu gehen. Ich hätte damals nicht gedacht, dass ich schon so weit bin, habe den Preis aber erfreulicherweise gewonnen. Ab dann sind schließlich immer wieder Termine im Kalender gestanden, wodurch das Ganze recht organisch gewachsen ist. Ich habe also immer gewusst, dass ich etwas auf der Bühne machen will, aber der Rest ist irgendwie passiert (lacht).

Wann ist ein Kabarettabend vor Publikum für dich gelungen?

Ich genieße es grundsätzlich immer, weil ich einfach gerne auf der Bühne stehe und mich dort sehr sicher fühle. Im Gegensatz zu vielen anderen Leuten ist die Bühne für mich wie ein sicherer Hafen. Es ist eine sehr schöne Erfahrung, wenn sich ein Flow mit den ZuschauerInnen entwickelt. Gelungen ist der Abend dann, wenn all das funktioniert, was Kabarett eben kann: Dem Publikum eine gute Zeit bereiten und mit Humor Ideen streuen, die später vielleicht aufblühen...

Du kommst aus Gallneukirchen in OÖ, lebst aber in Wien. Was magst du an der Stadt?

Ich lebe sehr gerne in Wien. Warum? Gute Frage (lacht). Es gibt viel Kultur, ich mag die Theaterszene besonders. Es wird nie fad. Wien ist eine Großstadt mit Charakter und wohl eine der wenigen Städte, wo ich tatsächlich gerne leben würde. Es ist trotz allem fragmentiert, man schafft es, Beziehungen aufrecht zu erhalten und kann Szenen aufbauen. Trotz der Größe mischt sich alles immer wieder, es gibt nicht so viele abgeschlossene Mikrokosmen wie am Land oder in anderen Städten. In Wien sind die Grenzen durchlässiger, finde ich. Man trifft immer wieder spannende Menschen aus neuen Kontexten. Gerade im Kulturbereich finde ich das super und alles andere als selbstverständlich.

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