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Was ist los in Kärnten

kärnten.museum eröffnet nach acht Jahren Stillstand

Seit 2014 wurde das zu einem Sanierungsfall verkommene Kärntner Landesmuseum geschlossen, das 1884 vom Klagenfurter Architekten Gustav Gugitz fertiggestellt worden war. Es brauchte drei Kulturreferenten, zwei Landesregierungen, ein neues Museumsgesetz, die Schaffung eines Zentraldepots am Stadtrand und 16,4 Millionen Euro Gesamtkosten, bis es am Samstag von Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) als kärnten.museum eröffnet werden konnte.

Mitten im ersten Pandemiejahr 2020 begannen die Bauarbeiten zur Generalsanierung, die nach einem Wettbewerb von den Architekten Roland Winkler und Klaudia Ruck zusammen mit Ferdinand Certov geplant wurde - jenem Team, das auch für die Neugestaltung des Wien Museums am Karlsplatz verantwortlich ist. Die größte Kulturbaustelle Kärntens seit Jahrzehnten beschäftigte 150 Firmen, davon waren 80 Prozent Kärntner Unternehmen.

Mehr Licht, Platz und neue Räume kennzeichnen das wiedereröffnete Landesmuseum: "Wir haben das Haus umgedreht, fest geschüttelt, damit alles hinausfällt, was unnötig war", schildert Winkler die Überlegungen der Architekten. Innenhöfe wurden geöffnet und mit einem Glasdach überspannt, das Außengelände parkähnlich gestaltet, sodass man das Museum nicht mehr über eine befahrene Seitenstraße betritt. Nicht vollgeräumt mit Vitrinen will das Haus sein, sondern die einzelnen, kleinen Ausstellungsräume selbst zu "begehbaren Vitrinen" machen.

Zeitreise in Kärnten

Bei einem ersten Rundgang am Eröffnungstag konnte man sich von der gelungenen Modernisierung dieses Gedächtnisses des Landes überzeugen. Mit neuem Logo und neuem Namen, Beschriftungen in Deutsch, Slowenisch und Englisch, Intarsien am Boden, die verschiedene Aspekte Kärnten nachzeichnen, und zahlreichen Digitalisierungsprojekten macht das kärnten.museum neugierig auf die Schätze des Landes. Die über zwei Millionen Objekte umfassende Sammlung musste für die Präsentation "reduziert, reduziert, reduziert" werden, wie der wissenschaftliche Leiter des kärnten.museum, Christian Wieser, bei der Eröffnung erzählte.

Highlights wie der vermeintliche Kopf des Lindwurms (von einem Wollhaarnashorn) oder das raumfüllende Modell des Großglockners, anhand dessen multimedial die Themen Wetter und Klima aufbereitet werden, sind ebenso zu sehen, wie eine Zeitreise über 450 Millionen Jahre zu erleben ist. Eine künstlerische Installation thematisiert das Zeitalter des Anthropozäns, vier Räume sind der Archäologie gewidmet, ist doch Kärnten das österreichische Bundesland mit den reichsten und spannendsten Funden. "Wie Zitate verweisen einzelne Exponate auf die Außenstellen des Museums, etwa den Magdalensberg", erläuterte die Archäologin Sabine Ladstätter bei der Führung.

Münzsammlung und Römersteine

Die Zeitgeschichte, bisher im Landesmuseum eher stiefmütterlich behandelt, wird in einem Wandelgang im ersten Stock durch zwölf charakteristische Ortschaften repräsentiert. Dass dabei die Inhalte "für eine offene Aufarbeitung der Kärntner Geschichte" stehen, wie mehrfach betont wurde, illustriert gleich der erste der Orte: Mit der "Handschüttelmaschine", mit der Cornelius Kolig unter dem damaligen Landeshauptmann Haider den Landeskulturpreis entgegennahm, wird Koligs Heimatort Vorderberg vorgestellt.

Der Arkadengang im zweiten Stock ist mit einer sehenswerten Münzsammlung bestückt, unter dem Glasdach in der Mitte ist mit dem berühmten Dionysosmosaik aus Virunum eines der Prachtexemplare der Sammlung zu bestaunen. Auch das Lapidarium, die Sammlung an Römersteinen, die zeitweise im Freien untergebracht war, wird prächtig zur Schau gestellt - auf einer hochaufragenden Wand im lichtdurchfluteten Innenhof.

Sonderausstellung geplant

Fünf Räume stehen für wechselnde Sonderausstellungen zur Verfügung. Zum Einstand gibt es eine Kooperation zwischen dem Wiener Leopoldmuseum und dem Museum Moderner Kunst Kärnten (MMKK), zu sehen bis 19. Februar 2023: "Menschheitsdämmerung" zeigt 71 Werke der bildenden Kunst aus der Zwischenkriegszeit, thematisch arrangiert von Identitätssuche bis zu bäuerlichen Lebenswelten. Ergänzt um 144 Werke in weiteren 14 Räumen des MMKK ist so eine spannende Doppelausstellung entstanden.

Im Erdgeschoss, wo auch die Räumlichkeiten des naturwissenschaftlichen Vereins und des Geschichtsvereins untergebracht sind, sind das Foyer und das neue Café frei zugänglich. Eine "center stage" mit Multimedia-Ausstattung will zu einem Forum für Veranstaltungen wie Diskussionsrunden oder Lesungen werden. In der Eröffnungswoche (21. - 27. 11.) kann sich übrigens die Öffentlichkeit bei Gratiseintritt selbst ein Bild vom einstigen Rudolfinum machen.

Der "Blick zurück" möge den "Blick nach vorne" ermöglichen, die "Erzählung des Landes neu unternommen" werden, wünschte sich Kulturamtsleiter Igor Pucker, der das Projekt von Anfang an federführend begleitet hat und den "Wandel" gleichsam als Motto für die Ausstellung sieht: "Der Wandel der Natur, der Lebensräume, der Kultur, der Zeitgeschichte". Er war nur einer der Redner beim Festakt im - dem Museum benachbarten - Konzerthaus, wo mehr als 400 Vertretern von Politik, Geistlichkeit, Verwaltung, Wirtschaft und Kultur Appetit gemacht wurde auf den anschließenden Museumsrundgang und das Buffet.

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