Graphik des neuen Wiener Pratermuseums.

© Michael Wallraff, Wien Museum

Was ist los in Wien

Neues Pratermuseum "so vergnüglich wie möglich"

Dennoch gab das Chefkuratorenduo Werner Schwarz und Susanne Winkler rund fünf Monate vor der geplanten Eröffnung bereits erste Ausblicke auf die künftige Dauerausstellung. Sie soll die 250-jährige Geschichte des Areals nicht nur als Vergnügungsstätte, sondern auch als Ort der technischen Neuerungen zeigen - Riesenwimmelbild inklusive.

Neues Pratermuseum ab März 2024

15,5 Meter hoch ist die optisch markante und ökologisch nachhaltige Holzkonstruktion, die sich an der Straße des Ersten Mai anstelle einer vormaligen Spielhalle befindet und im Juni Dachgleiche gefeiert hat. Auf drei Ebenen und 200 Quadratmetern Ausstellungsfläche - eine Verdoppelung im Vergleich zum alten Standort Planetarium - geht es hier ab 15. März 2024, dem geplanten Eröffnungstermin, durch die illustre Historie des Praterareals. "So lehrreich wie nötig, so vergnüglich wie möglich", fasste Winkler am Freitag die Mission für das neue Museum nahe dem Riesenrad zusammen.

Niederschwelligkeit sei insofern wichtig, da die jährlichen Hunderttausenden Menschen ja nicht mit dem Vorsatz eines Ausstellungsbesuchs in den Prater kämen: "Es geht darum, die Leute reinzulocken."

Graphik des neuen Pratermuseums.

Im März 2024 soll das Pratermuseum eröffnen.

© Michael Wallraff, Wien Museum

Freier Eintritt ins Foyer

Gelingen soll das mit einem von zwei Seiten aus betretbaren Foyer. Dort wird man von einem extra angefertigten gigantischen Panoramagemälde empfangen werden. Dieses soll nicht nur die Topografie des Wurstel- und Grünen Praters zeigen, sondern quer durch die Jahrhunderte auch die Entwicklung auf unterhaltsame Weise und mit 600 Personen nachzeichnen. Der Bogen reicht von der für die Weltausstellung 1873 erbauten Rotunde bis zur neuen WU von Zaha Hadid, von Beethoven bis Ostbahn Kurti, von Orson Welles ("Der dritte Mann") bis Batman. "Zwei Ausgaben spielen im Prater", erläuterte Winkler den Konnex zum Fledermaushelden. Von einer Balustrade aus kann man mit Fernrohren das Riesenwimmelbild genau unter die Lupe nehmen.

Der Eintritt ins Foyer ist frei - und macht im besten Fall Lust auf die beiden oberen Etagen, die dann gegen ein Ticket entdeckt werden können. Mehrere Kapitel werden sich dort mit dem Prater befassen, der nicht nur ein Freizeitpark, sondern immer auch ein politischer Ort gewesen sei, meinte Co-Kurator Schwarz. Allein die Öffnung des damaligen kaiserlichen Jagdreviers durch Josef II. - "ein cooler Typ" (Winkler) - sei ein revolutionäres Dokument. Ab dann sei der Prater ein Areal für alle gewesen: vom Ringstraßenbürgertum über das Künstlertum bis zu den Prostituierten. Hier wurden aber auch stets "alles sofort aufgegriffen, was draußen in der Welt an Neuheiten passiert ist", betonte Schwarz.

© Michael Wallraff, Wien Museum

Artefakte mit Geschichte

So wurden anatomisch-medizinische Erkenntnisse sogleich über möglichst echt wirkende Körpermodelle breit vermittelt - nicht selten in einer Mischung aus Auf- und Verklärung, wie beispielsweise die mit Echthaar und Glasaugen bestückte "Nackte Venus" aus einem 1945 großteils abgebrannten Wachsfigurenkabinett verdeutlicht. Diese liegende Schönheit wird gerade in den ehemaligen Schauräumen des Pratermuseums, die derzeit als Werkstatt dienen, restauriert.

Ebenfalls dort auf Vordermann gebracht wird ein Heiratsvermittlungsautomat aus der Zeit um 1900. Für sechs Heller spuckte die Maschine eine Art Porträt des idealen Liebhabers oder der idealen Liebhaberin aus. "Wie diese Karten aussahen und was genau oben stand, wissen wir leider nicht. Es ist keine einzige erhalten", berichtete Restauratorin Tabea Rude. Sie musste nicht nur die Mechanik, die ähnlich einem Zigaretten- oder Kaugummiautomat funktioniert, von alten Schmierstoffen reinigen, sondern auch Münzen in "falscher" Währung, die die Geldrutschen verstopft hatten, entfernen.

Das ausgefallene Objekt war bereits im alten Pratermuseum zu bestaunen. Laut Schwarz werden im Nachfolgebau aber rund ein Drittel der Stücke neu zu sehen sein, wenn auch manche nur digital. "Es wird sich viel bewegen und drehen", freute sich Winkler. Das Publikum wird allein an rund 50 Tieren - darunter ein Löwe, der per Bewegungsmelder zum Brüllen gebracht werden kann -, ebenso vorbeispazieren können wie an der Nachstellung eines Flohzirkus', an einem Ringelspielbaum in Form einer Fortuna-Figur, an Eintrittskarten, Fotografien und anderen Zeugnissen von Spektakeln wie den frühen Themenpark "Venedig in Wien" von 1895. Die Rolle des Praters in der Malerei, in Film, Literatur und Musik wird außerdem hör- und sichtbar gemacht. Und den Dynastien der Fahrgeschäftbetreiber soll ebenfalls Tribut gezollt werden.

Innerhalb von 20 Minuten soll man in der künftigen Dauerschau einen guten Eindruck des Praters bekommen und selbigen danach mit etwas anderen Augen sehen, hoffen die beiden Projektverantwortlichen. "Aber kann aber auch leicht eineinhalb Stunden hier verbringen", ergänzte Winkler schnell. Wie viel die Eintrittskarte in das neue Pratermuseum kostet, steht noch nicht fest - im Gegensatz zum Gesamtvorhaben: 4,1 Mio. Euro sind für den Bau des Wien-Museum-Ablegers veranschlagt.

Mehr Infos zum neuen Pratermuseum.

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