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Ausstellungen Wien

Ausstellung zur NS-Vergangenheit der Polizei

SS-Hauptsturmführer Franz Stangl war nicht nur Kommandant der Vernichtungslager Treblinka und Sobibor, unter anderem als solcher für die gemeinschaftliche Ermordung von mindestens 400.000 Menschen - vor allem Jüdinnen und Juden sowie Roma und Sinti - verantwortlich. Der 1908 geborene Oberösterreicher war auch Polizist. Er ist damit ein besonders dunkles Beispiel zur NS-Vergangenheit der heimischen Polizei, die seit 2020 wissenschaftlich aufgearbeitet wird.

Wanderausstellung als Ziel

Der damalige Innenminister Karl Nehammer (ÖVP), heute Bundeskanzler, ließ die Archive des Ressorts 2020 für Forschende öffnen. Im Rahmen des Projekts "Die Polizei in Österreich: Brüche und Kontinuitäten 1938-1945" untersuchten die Wissenschafterinnen und Wissenschafter des Instituts für Kriegsfolgenforschung der Universität Graz, des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes (DÖW) und des Mauthausen Memorials laufmeterweise Dokumente aus jener Zeit. Ein Ziel war dabei auch die Erstellung einer Wanderausstellung, die am Dienstag in den Räumlichkeiten des Innenministeriums von Ressortchef Gerhard Karner (ÖVP) eröffnet wurde.

"Wer sich nicht mit der Vergangenheit einer Organisation auseinandersetzt, kann sie nicht für die Aufgaben der Gegenwart und der Zukunft fit machen", sagte Karner zur Eröffnung. "Ich danke dem Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands mit Andreas Kranebitter, dem Ludwig-Boltzmann-Institut mit Barbara Stelzl-Marx und dem Mauthausen Memorial mit Barbara Glück für die Kooperation bei der Aufarbeitung der Geschichte der österreichischen Polizei im Nationalsozialismus."

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Geschichte beginnt vor "Anschluss"

Die Geschichte des Nationalsozialismus in Österreichs Polizei beginnt natürlich nicht im März 1938, als im Rahmen des "Anschlusses" deutsche Truppen einmarschierten und das Ende der Ersten Republik besiegelten, sondern lange vorher. "Die heutige Forschung geht davon aus, dass zu diesem Zeitpunkt etwa 20 bis 30 Prozent der Polizei dem Nationalsozialismus zugetan waren", sagte Ausstellungskoordinatorin Martina Zerovnik anlässlich einer Presseführung. Und das, obwohl die NSDAP seit 1933 verboten war.

Beispiele dafür werden in der Ausstellung gezeigt, etwa der Vorarlberger Franz Emil Walch, der 1919 in Bregenz in die Gendarmerie eintrat, mehrfach - vermutlich wegen seiner nationalsozialistischen Gesinnung versetzt wurde und bis 1938 Mitglied der Vaterländischen Front, der Einheitspartei der Dollfuß-Schuschnigg-Diktatur war - zumindest offiziell. Denn zugleich arbeitete Walch für die SS an der nationalsozialistischen Unterwanderung der Polizei.

Als ein weiteres Beispiel wird der gebürtige Grazer August Meyszner präsentiert, der von der k.u.k. Armee zur Gendarmerie wechselte, 1925 der NSDAP, 1933 der SA und 1935 der SS beitrat. Meyszner wurde 1942, mittlerweile zum SS-Gruppenführer befördert, Höherer SS- und Polizeiführer (HSSPF) für Serbien ernannt und vertrat dort eine rigide "volksdeutsche" Politik, die sich vor allem gegen die slawische Bevölkerung richtete. Nach dem Krieg wurde er in Belgrad vor Gericht gestellt und im Jänner 1947 hingerichtet. Und natürlich wird auch der Rieder Jurist Ernst Kaltenbrunner, nach dem Attentat tschechischer Widerstandskämpfer auf Reinhard Heydrich dessen Nachfolger im SS-Reichssicherheitshauptamt (RSHA), als Symbol für die Verschmelzung von SS und Polizei angeführt.

 Dollfuß-Schuschnig-Diktatur

Im Widerstand gegen die Nazis waren hingegen nur sehr wenige Beamte, konstatierte Zerovnik. Als Beispiel wird der Wiener Franz Däninger gebracht, der 1918 der Wiener Stadtschutzwache beitrat und 1922 in die Sicherheitswache aufgenommen wurde. Das Mitglied der Sozialdemokratischen Partei wurde in der Dollfuß-Schuschnig-Diktatur im Anhaltelager Wöllersdorf interniert, kehrte nach dem "Anschluss" als Vertragsangestellter in den Polizeidienst zurück und gründete im Umfeld der - verbotenen - Kommunistischen Partei eine Widerstandszelle innerhalb der Polizei, die Sabotageakte verübte, Verfolgten half und Flugzettel verteilte. Däninger wurde 1942 von der Gestapo verhaftet und im Zuchthaus München-Stadelheim mit dem Fallbeil ermordet.

Der Bogen spannt sich weiter über die Rolle der Polizei beim Holocaust - Stichwort Stangl, aber auch das in Wien-Kagran aus Polizei-Reservisten aufgestellte Polizeibataillon 322, das für die Ermordung Zehntausender Jüdinnen und Juden in Polen und in der Sowjetunion verantwortlich war -, bis zur Frage, wie mit den Polizisten nach Kriegsende umgegangen wurde. Von den rund 550 Mitgliedern des Polizeibataillons 322 etwa wurde kein einziges für die Massaker verurteilt, viele kehrten in den Dienst zurück, manche sogar als Lehrer in der Polizeiausbildung.

"Hitlers Exekutive. Die österreichische Polizei und der Nationalsozialismus"

Laufzeit der Ausstellung: 12. März 2024 bis 22. Mai 2024

Ort: Bundesministerium für Inneres (Sala Terrena), Herrengasse 7, 1010 Wien

In alle Bundesländer

Bis Mai bleibt die Ausstellung nun in den Räumen des Innenministeriums, erläuterte Stelzl-Marx, Institutsleiterin des Boltzmann-Institut für Kriegsfolgenforschung an der Grazer Universität. Dann zieht die Expo, zu der auch ein Katalog aufgelegt wurde, nach Eisenstadt weiter und soll bei einer weiteren Station im Herbst im Graz-Museum zu sehen sein. In den nächsten drei Jahren kommt die Ausstellung in alle Bundesländer, bevor sie in die Bundeshauptstadt zurückkehrt.

Zielgruppen sind einerseits Polizisten in der Ausbildung - etwa 800 Schülerinnen und Schüler sollen die Schau in den kommenden Wochen zu sehen bekommen. Darüber hinaus soll eine bereits erstellte digitale Version in den Unterricht der angehenden Gesetzeshüterinnen und -hüter integriert werden. Andererseits richtet sich die Ausstellung an die interessierte Öffentlichkeit, die sie gegen Anmeldung geführt ebenfalls im Innenministerium besuchen kann.

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