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Ausstellungen Wien

"Ende der Zeitzeugenschaft": Ausstellung kommt nach Wien

Wenn Holocaust-Überlebende erzählen, tun sie das einer Situation, in der von ihnen etwas erwartet wird. Ein großer Teil der Ausstellung "Ende der Zeitzeugenschaft" im Haus der Geschichte Österreich (hdgö) in Wien erlaubt einen Rückblick auf verschiedene Zeiten der Zeugenschaft, wie Hanno Loewy, Direktor des Jüdischen Museums Hohenems, am Donnerstag vor Medien erläuterte. Eine grundsätzliche Frage der Schau lautet: "Was tun wir mit diesem uns überlieferten Zeitzeugenwissen?"

Generationen miteinander verknüpfen

Die Sonderausstellung, in Hohenems entwickelt und auf Wanderschaft gegangen, dreht sich um die zu Ende gehende Ära der Zeitzeugen und hinterfragt die "Gemachtheit" der Zeitzeugeninterviews. Besucher bekommen etwa die Möglichkeit, "die Interviews als Ganzes zu sehen, mit all dem Schweigen, Outtakes und technischen Hickhacks", sagte Kuratorin Anika Reichwald. Zugleich wird sichtbar, welche Minuten des jeweiligen Gesprächs schließlich verwendet wurden, weil sie für ein bestimmtes Narrativ wichtig sind.

"Jeder von uns schaut auf die Geschichte mit dem Blick der Gegenwart und mit unseren Interessen", führte Loewy aus. Diesen Prozess macht die Ausstellung transparent, sie deutet verschiedene Formen erzählter Erinnerungen und ihre gesellschaftliche Rolle vor dem Hintergrund der aktuellen Veränderungen neu und thematisiert Ansätze zu einem zukünftigen, reflektierten Umgang mit Zeugnissen. Es gelte einen Umgang auch damit finden, "eine Generation in diese Themen reinzuholen, die anders als wir vielleicht nicht mehr die Möglichkeit hat, mit den Überlebenden in direkten Kontakt zu kommen", betonte Reichwald.

Sonderausstellung erweitert

Die Schau startet morgen am Internationalen Holocaust-Gedenktag und wurde "passend für Wien erweitert", berichtete hdgö-Direktorin Monika Sommer. Spezifische Interviewausschnitte von Überlebenden thematisieren den österreichischen Blick. "Und wir haben diese Interviewausschnitte auch just vor dem Ausgang zum Altan der Neuen Burg platziert, um hier auch räumlich ein interessantes Spannungsfeld zu erzeugen zwischen dem bis heute sehr vulnerablen Ort und den Stimmen von Zeitzeugen, die wir ihm gegenüberstellen."

Die Ausstellung besteht aus drei thematischen Blöcken. Der erste, ein Blick hinter die Kulissen, soll ein Gespür vermitteln, "wie gemacht ein Interview ist", so Reichwald. Präsentiert wird ein Querschnitt von verschiedenen Erzählmodi. Ein historischer Abriss vermittelt, wie sich der Prozess des Zeugnisablegens gewandelt hat und wie die Gesellschaft diese Zeitzeugenberichte wahrnimmt und drauf reagiert. Und schließlich beschäftigt sich die Schau mit dem Thema Institution und Zeitzeugenschaft. "Wir sitzen auf dem Material, und für uns als Institution muss es darum gehen, einen vernünftigen, nachhaltigen, selbstreflektieren Umgang damit zu finden."

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