© Timotheus Tomicek

Ausstellungen Wien

Wien Museum flaniert durch die Geschichte der Straßenfotografie

Wien war stets einer ständigen Veränderung unterworfen - ausgelöst durch oft bedeutende historische Ereignisse. Das Leben auf den Straßen ist ein Spiegel dieser Entwicklungen. Dass die flüchtigen Szenen aus dem Alltag festgehalten werden konnten, ist vor allem der Fotografie zu verdanken. Das Wien Museum flaniert nun durch mehr als 100 Jahre "Street Photography". In der Schau "Augenblick!" sind vor allem zahlreiche noch nie gezeigte Bilder zu sehen, wie man betont.

Präsentiert wird in der Dependance MUSA das gesamte Spektrum des Genres Straßenfotografie. Es umfasst etwa künstlerische Werke namhafter Fotografinnen und Fotografen wie Franz Hubmann oder Erich Lessing, Auftragsarbeiten, aber auch Zufallsschnappschüsse, wie das Kuratorenteam Frauke Kreutler und Anton Holzer in einer gemeinsame Pressekonferenz mit Wien-Museums-Chef Matti Bunzl erläuterten. Beim Sichten der Sammlung des Wien Museums wurde hingegen nichts dem Zufall überlassen. Rund 75.000 Fotos habe man dabei in der Hand gehalten, berichtete Kreutler.

Letztendlich wurde ein vergleichsweise winziger Teil ausgewählt: 180 Fotografien werden in der Ausstellung gezeigt. Im Katalog fanden immerhin 240 Bilder Platz. Unterteilt ist die Schau in einzelne inhaltliche Kapitel, die sich etwa der Fortbewegung, flanierenden Passanten, dem Straßenhandel bzw. Märkten, alten Werbeschriften, den Kriegsfolgen und der Armut oder auch Vergnügungsorten widmen. In den Abteilungen sind jeweils Werke aus unterschiedlichen Epochen versammelt sind. Die ältesten davon stammen aus den 1860er-Jahren. Der chronologische Bogen spannt sich aber bis in die jüngere Vergangenheit.

Einige Sujets wurden über die Jahrzehnte immer wieder abgelichtet. Anton Holzer nennt sie "emotionale Kernzonen der Wiener Befindlichkeit". Beliebt waren dabei etwa der Prater, der Naschmarkt, Gastgärten oder das Kaffeehaus. Man habe sich auf diese Orte oft auch dann konzentriert, wenn es bedrohlich wurde, erläuterte er. Und bedrohlich wurde es oft genug: Die Armut der Zwischenkriegszeit wurde etwa von Edith Suschitzky, Hans Popper und Mario Wiberal dokumentiert, die Welt der Kriegsheimkehrer in einer Fotoserie von Ernst Haas.

Die "Street Photography" erlebte ihre erste Blüte bereits in den 1930er-Jahren - mit ikonografischen Aufnahmen etwa aus New York oder Paris. Die Werke, die in Wien entstanden sind, unterscheiden sich laut den Kuratoren mitunter von diesen Klassikern. So widmet man sich hierzulande eher weniger der Hektik der Metropole, sondern immer wieder dem Topos der langsamen Stadt. Für das Beharren auf nostalgischen Klischees spricht zudem auch die Tatsache, dass noch lange schwarz-weiß aufgenommen wurde, auch als Farbbilder schon üblich waren. Und: Das Nachtleben hat in Wien zumindest in der Straßenfotografie kaum Spuren hinterlassen.

Inzwischen werden Pics im öffentlichen Raum quasi permanent gemacht - da Kameras fixer Bestandteil jedes Mobiltelefons sind. Auch diesem Trend verschließt sich das Wien Museum nicht. Parallel zur Ausstellung wurde ein Instagram-Fotowettbewerb gestartet. Eine Auswahl der Einsendungen, die bis 19. Juni gepostet werden müssen, wird später in der Ausstellung präsentiert.

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