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Festivals Österreich

60. Viennale: Wiener Filmfestival feiert heuer Jubiläum

Rein nummerisch ist die Viennale nun eine reife Dame: Das Filmfestival feiert ab 20. Oktober (bis 1. November) seine 60. Ausgabe. Feiern ist dabei wörtlich zu verstehen, hat man doch einige Geburtstagswürdigungen angesetzt. Direktorin Eva Sangiorgi gab am Mittwochabend erste Details der Partyplanung bekannt. Gut gebrüllt, Löwe - wie sich bereits am heurigen Plakatsujet zeigt. Dort lädt eine fauchende Raubkatze des japanischen Holzschnittmeister Hokusai zum Filmgenuss.

Werner Herzog als zentrale Figur

"Es ist ein kleiner Talisman gegen schlechtes Karma", zeigte sich die Viennale-Chefin vom stilisierten Prädator angetan. Schließlich sieht sich die hochschwangere Festivalmacherin, die zum Start der Jubiläumsausgabe wieder an Bord sein möchte, vor einer großen Aufgabe. "Ich versuche, das Erbe weiterzutragen", stellte Sangiorgi klar - und kündigte einen ihrer Amtsvorgänger als eine der zentralen Figuren der Jubiläumsausgabe an: Starregisseur Werner Herzog, der dereinst im Jahr 1991 mit Reinhard Pyrker Co-Direktor der Viennale war. Neben Werken des deutschen Filmemachers gibt es am 28. Oktober in Zusammenarbeit mit dem Volkstheater auch einen Abend zu erleben, bei dem mit Lesungen und Musik der 80. Geburtstag Herzogs am 5. September nachgefeiert wird.

Die Zukunft der Filmfestivals

Das Jubiläum, das etwas länger als die beiden vergangenen Pandemieausgaben dauert, begeht man auch mit einer eigenen Publikation unter dem Titel "Viennale 60. On Festivals". Darin machen sich Expertinnen und Kenner Gedanken über die Vergangenheit und Zukunft der Filmfestspiele im Speziellen und im Allgemeinen. Und in der Viennale-Reihe "Textur" feiert man in zwei Bänden den kasachischen Regisseur Darezhan Omirbayev sowie den Filmemacher Alain Guiraudie.

In Zeiten des runden Geburtstages gibt es dann auch nicht einen Festspieltrailer - sondern derer gleich sechs. Claire Denis, Nina Menkes, Sergei Loznitsa, Ryusuke Hamaguchi, Narcisa Hirsch und ein Überraschungsgast haben je ein Mikrowerk zu Ehren der Viennale beigesteuert, die die Festivalgäste vor den Projektionen begrüßen werden.

Erste Werke verkündet

Traditionell wurden im Rahmen der Sommerpräsentation am Mittwoch auch erste Werke bekanntgegeben, die heuer die cineastische Gemeinde in die Wiener Festivalkathedralen locken sollen. Dazu gehört etwa Michael Kochs bei der Berlinale uraufgeführtes Drama "Drii Winter". "Tori et Lokita" des belgischen Brüderpaares Jean-Pierre und Luc Dardenne über zwei Migrantenschicksale ist nach Cannes nun auch in Wien zu sehen, was auch für David Cronenbergs Horrorcomeback "Crimes of the Future" mit Viggo Mortensen, Léa Seydoux and Kristen Stewart gilt.

Und auch das heimische Kino darf mitfeiern, nicht zuletzt Claudia Müller mit ihrem Literaturnobelpreisträgerinnenporträt "Elfriede Jelinek. Die Sprache von der Leine lassen" oder dem berlinale-gekrönten Dokuprojekt "Mutzenbacher" von Ruth Beckermann.

Eine Monografie mit neun Werken ist dem gebürtigen mauretanischen Filmemacher Med Hondo gewidmet, der bis zu seinem Tod 2019 eine Stimme für die postkoloniale Filmkultur Afrikas war. Und auch die 90-jährige Ehrenoscarpreisträgerin Elaine May, die neben einer langen Comedykarriere auf vier Regiearbeiten zurückblicken kann, wird mit einer Monografie gewürdigt.

Ein Blick in die Vergangenheit

Die Festivalsparte "Historiografie" ist heuer dem Spezialistengenre des argentinischen Film noir gewidmet. Mit Werken von Regisseuren wie Hugo Fregonese, Román Viñoly Barreto oder Pierre Chenal lässt man die im Peronismus der frühen 1950er entstandenen Kriminalfilme auferstehen.

Die Sektion "Kinematografie" schließlich bietet dem österreichischen Dokumentarfilm ein Forum für dessen mutmaßlich größte Stärke: Die Misere ablichten. Zwölf Werke aus den vergangenen 50 Jahren blicken in "Österreich real" auf die verschiedenen Aspekte von Krise. Dabei kooperiert man mit dem Filmarchiv Austria, das hier seine Retrospektive anlässlich des Sammelbandes "Österreich real. Dokumentarfilm 1981-2021" einläutet.

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