© Großmutter Bohl

Kabarett Wien

Dr.Bohl: "Viele junge Leute sind offen für Wiener Schmäh"

Zwei Studenten, die eines Tages damit angefangen haben, lustige Videos zu drehen, die sie selbst und ihr Freundeskreis amüsant finden. Als einfache Requisite musste ein gelber Pfannenwender als Mikrophon herhalten. Der Beginn der Erfolgsgeschichte von Dr.Bohl klingt eigentlich sehr simpel. Um die Fake-Straßeninterviews des Wiener Brüderpaars ist aber ein regelrechter Hype entstanden. Eine stetig wachsende Fan-Community feiert ihre Clips auf Social Media und YouTube, die persiflierten Personas, die sie mit wenigen Mitteln und umso mehr Schmäh vor der Kamera spielen, erfreuen sich enormer Beliebtheit, insbesondere (aber nicht nur) bei der GenZ.

Dr.Bohl im Interview

Das anfängliche Spaßprojekt von Paulus und Benjamin ("Benji") wuchs in den letzten zwei Jahren so stark an, dass nicht nur ein Podcast ("Bohlmobil"), eine Sitcom-Pilotfolge namens "Tiafe Typen" (mit namhaften Künstler-Kollegen wie Max Ortner oder Gery Seidl) oder ein Moderationsjob beim Puls4- "ZackPrack Quiz" daraus entstanden sind – auch den Sprung auf die Kabarettbühne haben Dr.Bohl mittlerweile erfolgreich geschafft. Mit zahlreichen ausverkauften Häusern.

Am 16. Jänner feiert nun ihr zweites Bühnenprogramm "ANABOHLIKA" im Wiener Stadtsaal Premiere. events.at traf das sympathische Brüderpaar vorab zum Gespräch.

Wie hat das Projekt „Dr.Bohl“ seinen Anfang genommen?

Paulus: Mit dem 20. Geburtstag meines besten Freundes, für den ich ein nicht ganz klassisches Gratulationsvideo machen wollte. Ich bin in die Innenstadt gegangen und hab spontan fremde Leute auf der Straße über ihn befragt. Da kam auch unsere schöner Pfannenwender zum ersten Mal zum Einsatz, weil wir irgendein Mikro gebraucht haben. Leider haben wir aufgrund des nicht so seriösen Equipments nur wenige Leute gefunden, die mit uns reden wollten (lacht). Also wurde eben ich selbst interviewt, dafür bin ich kurzerhand in irgendwelche Rollen geschlüpft. Und das ist auch am besten angekommen bei diesem Geburtstagsvideo, die Leute haben uns gefragt: „Warum macht ihr sowas nicht öfter?“. So wurde die Idee geboren.

Wie habt ihr diese dann weiterverfolgt?

Paulus: Weiter ging es dann mit Facebook-Videos, am Anfang nur im Freundeskreis. Beim vierten oder fünften Video ging es dann um „Studenten in den Sommerferien“ – und das ist damals auf Facebook schon richtig viral gegangen! Da haben wir gemerkt: Okay, das ist etwas, da markieren sich die Leute drunter, darüber tauschen sie sich gerne aus. Also haben wir in dem Stil weitergemacht. Später ist das Ganze zu Instagram gewandert, dort haben wir mit unseren Videos sehr coole Responses erhalten und schnell eine Community aufgebaut. Und irgendwann im Lockdown meinte ein Freund dann: „Warum macht ihr nicht auch TikTok?“ Seitdem fahren wir quasi zweispurig, mit Instagram und TikTok.

Habt ihr irgendeine Art von Schauspiel- oder Sprechausbildung absolviert?

Paulus: Gar nicht. Wir haben immer nur Spaß daran gehabt, uns zu verkleiden und in irgendwelche Rollen zu schlüpfen.

Hat euch der große Erfolg der Videos sehr überrascht?

Paulus: Dass unsere Freunde das Ganze lustig finden, war uns klar. Dann hat es sich aber nach und nach gesteigert und wir haben gemerkt, dass es viele junge Leute gibt, die offen sind für Wiener Schmäh und Humor im Studentenbereich. Aber dass das so erfolgreich wird, hätten wir uns wirklich nicht gedacht.

Benji: Das war auch in keinster Weise geplant, es ist irgendwie passiert neben unserem Studentenleben. Es macht uns wahnsinnig Spaß und wir sehen es als Privileg, dass wir das alles machen können.

Paulus: Für mich persönlich hat Dr.Bohl eine völlig neue Welt eröffnet. Ich finde es unfassbar schön, dass wir eine große Community haben, die den selben Humor teilt. Das ist für mich das Geilste an dem Ganzen: Es gibt nichts Schöneres, als Leute zum Lachen zu bringen mit Dingen, die man selbst lustig findet! Wir haben dabei auch überhaupt keinen politischen Anspruch, sondern wollen nur, dass wir und die Leute Spaß daran haben.

Der Falter hat euch als „anarchische Trash-Ikonen der GenZ“ beschrieben. Was sagt ihr dazu?

Benji: Ich sehe es als großes Kompliment, auch wenn ich es ehrlich gesagt nicht gleich verstanden habe (lacht). Aber „Trash-Ikone“ klingt auf jeden Fall fucking geil!

Paulus: Es hört sich sehr sexy an. Find ich gut, unterschreibe ich.

Wo holt ihr euch die meiste Inspo für eure Videos bzw. Programme?

Benji: Aus unserem großen und lustigen Freundeskreis, da schnappen wir vieles auf. Bei den Videos haben wir besonders zu Beginn klassische Klischees bedient. Unser Anspruch ist, das wir nur Sachen reinnehmen, die wir selbst auch lustig und gut finden.

Paulus: Wir haben auch eine sehr witzige Familie, was ein großer Vorteil ist! Beim Abendessen braucht man eigentlich nur mitschreiben …

Passen eure FreundInnen und Familienmitglieder jetzt mehr darauf auf, was sie zu euch sagen?

Paulus: Nein, weil wir keine persönlichen Geschichten verarbeiten, lediglich Ideen und Aussprüche. Private Dinge nehmen wir nie mit rein. Aber es gibt trotzdem Leute, die sich wiedererkennen, die freuen sich dann meistens sehr. Jeder unserer Charaktere ist ein bisschen an realen Personen angelehnt, und wir kennen einige, die sich beschweren, dass sie noch keinen Charakter haben (lacht). Wir brauchen also noch einige mehr.

Ich bin ja ein großer Fan von „Thérèse“ und ihren Mädels ...

Paulus: Das ist würdig und recht, sie ist eine tolle Frau!

Wie lange habt ihr an den wiederkehrenden Personas in euren Videos gefeilt?

Benji: Die entstehen eher adhoc, wir skripten die Personen nicht wirklich durch. Es passiert auch vieles im Spielen bzw. entwickeln sich die Charaktere von Video zu Video weiter.

Vor allem eure studentischen Personas holen viele Leute ab. Wie habt ihr die Recherche dafür betrieben, seid ihr durch die einzelnen Unis durchspaziert und habt die Studierenden beobachtet?

Paulus: Nein, die entstehen aus Klischees im Bekanntenkreis, die wir dann auf die Spitze treiben. Ich selbst habe Jus studiert, der Benji war zuerst auf der WU, dann hat er mit Medizin begonnen. Daher haben wir eigentlich auf jeder großen Fakultät Freunde bzw. lernen neuen Leute kennen. Die Ideen kommen also quasi „aus der Wildnis“. Wir haben diese Klischees ja nicht erfunden, die gibt es schon seit Jahrzehnten. Wir erwecken sie lediglich zum Leben.

Spannendes Stichwort: Die Klischees und Charaktere aus euren Videos kennt man de facto seit Ewigkeiten. Warum kommen sie trotzdem so gut an, obwohl sie eigentlich „nichts Neues“ sind?

Paulus: Ich glaube, das liegt einfach an den Möglichkeiten. Vor zehn Jahren gab es noch nicht so viele Mitteln der Verbreitung, höchstens YouTube ganz am Anfang. Es kommt einem nur so vor, aber diese Dinge sind alle noch nicht so alt. Allein die Möglichkeit, mit dem Handy ohne großen Aufwand Content in die weite Öffentlichkeit zu schicken, gibt es noch nicht lange. Unser erstes Video entstand 2016, lange vor TikTok und Reels, da waren wir einfach früh dran.

Außerdem drehen wir immer draußen, im Unterschied zu vielen anderen Leuten auf TikTok, die mit Greenscreens arbeiten. Wenn wir direkt vor einem Uni-Gebäude stehen, werden die Charaktere nochmal authentischer. Bei den Videos mit den hohen Aufrufzahlen glauben wahrscheinlich 50 Prozent, dass die echt sind. Wenn’s ganz viele Aufrufe hat, weiß man, dass die Piefke denken, es ist echt! (lacht) Das merkt man dann auch in den Kommentaren.

War der Sprung auf die Kabarettbühne für euch eine Überwindung?

Paulus: Ich fand’s fucking geil, aber der Benji erzählt wohl eine andere Geschichte …

Benji: Als der Pauli vorgeschlagen hat, ein Kabarett zu machen, war ich skeptisch, ich hätte nie gedacht, dass ich sowas mal mache. Im Endeffekt wurde ich ins kalte Wasser gestoßen. Mittlerweile bin ich sehr happy damit, aber es ist noch immer stets ein bisschen Nervosität da. Bei dem neuen Programm ist auch der große Unterschied, dass wir schon im Vorfeld viele Tickets verkauft haben und es Erwartungen gibt. Da will man natürlich nicht enttäuschen. Sich diesem Druck zu stellen ist aber auch das Spannende daran.

Euer erstes Programm „Dr.Bohl - Live!“ habt ihr drei Jahre lang gezeigt, mit vielen ausverkauften Häusern. Was wird anders und neu sein bei "ANABOHLIKA"?

Paulus: Es sind völlig neue Charaktere dabei, wir haben alle ausgetauscht. Glücklicherweise haben wir ja sehr viele (lacht). Die Premiere unseres letzten Kabaretts war 2020, noch vor der Pandemie, im Keller unserer Schule. Damals hatten wir keine Ahnung, ob wir das jemals wieder machen. Diesmal ist das Ganze doch überlegter und ausgereifter. Es ist ein abgerundetes Programm, bei dem für jeden und jede etwas dabei ist – und vor allem für uns, und das ist das Wichtigste!

Was ist für euch das Schönste am Live-Performen?

Paulus: Im Gegensatz zum Video hast du sofort die Reaktion, du spürst die Leute! Ich erinnere mich an unseren ersten Auftritt im Wiener Stadtsaal: Einfach vor der Show das Murmeln der Leute im Publikum zu hören, diese Erwartung von der anderen Seite des Vorhangs zu erleben … ich hab mich zum Benji umgedreht und gesagt: „Aaaah, die sind wegen uns da!“ … Das ist schon super lässig. Und es ist toll, dass wir es geschafft haben, junge Leute, die uns von Social Media kennen, auch zu den realen Bühnen zu bringen. Wenn man dann den Applaus von über 400 Leuten hört, ist es einfach jedes Mal geil.

"ANABOHLIKA" von Dr.Bohl feiert am 16. Jänner im Stadtsaal Wien Premiere. Mehr Infos und Termine gibt es hier:

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